Frage an Matthias Bartke bezüglich Verteidigung

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Frage an Matthias Bartke von Karl J. bezüglich Verteidigung

Von deutschem Boden soll nie wieder ein Krieg ausgehen, in diesem Sinne steht dies im Grundgesetz. Aus diesem Grunde bedürfen Auslandseinsätze der Bundeswehr hierfür eine Zweidrittelmehrheit der Stimmen des Bundestages. Aktuell ist dies ja mit der Groko locker zu schaffen. „Die Sicherheit Deutschlands wird am Hindukusch verteidigt“, so die ehemalige Aussage von Peter Struck (SPD). Doch auch andere Auslandseinsätze der Bundes wehr nehmen zu und sind insgesamt nicht dazu geeignet Frieden zu sichern:
Afghanistan: Taliban haben wieder die Oberhand, Bundeswehr igelt sich ein
Irak: Ausbildungsauftrag. Schiessen können die Iraker selbst.
Syrien: Tornado-Aufklärer stationiert in d. Türkei für einem Krieg!
Mali: Militärhilfe für Frankreich.
Wie gedenkt sich die SPD als Mehrheitsbeschaffer im Bundestag für Auslandseinsätze der Bundeswehr dafür vor ihrem eigenen Selbstverständnis zu rechtfertigen?

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Sehr geehrter Herr Jung,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage zum Thema Auslandseinsätze der Bundeswehr. Als ehemaliger Pressesprecher des Hamburger Instituts für Friedensforschung habe ich mich darüber gefreut.

Sie zitieren zurecht den Art. 26 unseres Grundgesetzes, nach dem von deutschem Boden nie wieder ein Angriffskrieg ausgehen darf. Aber Art. 26 ist keine Norm des Pazifismus, sondern muss im Zusammenhang mit Art. 25 gesehen werden, der die Völkerrechtsfreundlichkeit Deutschlands konstituiert. Und er muss im Zusammenhang mit Art. 24 gesehen werden, der die Einordnung Deutschlands in ein System kollektiver Sicherheit vorsieht – also die Mitgliedschaft vor allem in den Vereinten Nationen.

Aufgrund der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes stimmen wir Auslandsmandaten der Bundeswehr grundsätzlich nur dann zu, wenn es eine Mandatierung durch die UNO gibt. Bei Verstößen gegen den Weltfrieden sieht Kapitel VII der UN-Charta ja eine Reihe von Maßnahmen vor. Nach meiner Kenntnis ist der Bundestag nur einmal von dieser Maxime der UN-Mandatierung abgewichen. Das war 1999 als die NATO mit 200 Flugzeugen eine Bombardierung Jugoslawiens durchführte.

Die deutsche Beteiligung erfolgte seinerzeit übrigens auch auf massives Drängen des damaligen Außenministers Fischer. Derjenige Sozialdemokrat, der sich am massivsten dagegen aussprach, war Henning Voscherau, der damals einen langen Artikel dazu in der ZEIT geschrieben hatte. Er hatte Recht, konnte sich aber gegen die damalige Schröder-Administration nicht durchsetzen. Alle anderen Einsätze basierten aber auf einem Mandat der UNO – auch der ISAF-Einsatz in Afghanistan.

Mein früherer Chef am Friedensforschungsinstitut Egon Bahr pflegte zu sagen: „Man kommt leicht in einen bewaffneten Konflikt hinein. Aber schwer wieder heraus.“ Wohl wahr - das gilt auch für UN-Einsätze. Man ist daher gut beraten, sich vorher darüber klar zu werden, wie solche Einsätze am Ende auch zu Ende zu führen sind. Das ist in der Vergangenheit sicher nicht immer gut gelaufen – siehe insbesondere ISAF in Afghanistan. Es gibt aber auch Einsätze, bei denen sollte man sich von vornherein im Klaren darüber sein, dass sie vielleicht sehr lange dauern – wie zB Minusma in Mali.

Sehr geehrter Herr Jung, der Diktion Ihres Schreibens habe ich entnommen, dass Sie grundsätzlich kein Freund von Auslandseinsätzen der Bundeswehr sind. Das ist ein ehrenwerter Standpunkt – einige meiner Fraktionskolleginnen und -kollegen stimmen aus pazifistischen Gründen Auslandseinsätzen grundsätzlich nicht zu.

Nun, ich bin kein Pazifist. Für mich ist eine Konsequenz des Hitlerfaschismus, dass man das friedensfördernde System der Vereinten Nationen stärken muss und sich diese Stärkung nicht nur auf gute Worte beschränken darf. Man sollte den außenpolitischen Aktivitäten der USA gegenüber heute sicher hochkritisch gegenüberstehen. Aber dafür, dass sie damals in den Zweiten Weltkrieg eingegriffen und den Faschismus niedergekämpft haben, muss man ihnen heute noch dankbar sein.

Mit freundlichen Grüßen - und bleiben Sie gesund!

Matthias Bartke