Warum will man bei den Direktkandidaten der Wahlkreise kürzen und nicht über eine Streichung der Kandidaten von den (Landes)listen eine dem Verhältniswahlrecht konforme Verteilung der Sitze erreichen?

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Frage von Patrick F. •

Warum will man bei den Direktkandidaten der Wahlkreise kürzen und nicht über eine Streichung der Kandidaten von den (Landes)listen eine dem Verhältniswahlrecht konforme Verteilung der Sitze erreichen?

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Sehr geehrter Herr F.

vielen Dank für Ihre Frage. Es ist richtig, dass bei der geplanten Reform des Wahlrechts der bisherigen "Zweitstimme" eine größere Bedeutung im direkten Vergleich zur "Erststimme" zukommt als bislang. Dadurch wird das Verhältniswahlrecht höher gewichtet als bisher.

Das bisherige Wahlrecht und die Auswirkung des neuen Wahlrechtes lassen sich am besten an einem verallgemeinerten Beispiel verdeutlichen: Eine Partei erringt in einem Bundesland über die Zweitstimme 20% und damit Anspruch auf 10 Mandate im Bundestag. Über die Erststimme werden für diese Partei 12 Wahlkreise direkt gewonnen. Laut Verhältniswahlrecht also 2 mehr, als der Partei zustünden. Bisher durften alle 12 in den Bundestag einziehen (von der Landesliste natürlich niemand, der nicht das Direktmandat gewonnen hat). Damit die Partei proportional aber trotzdem nicht über die 20% kommt, gab es für die beiden Überhangsmandate für die anderen Parteien Ausgleichsmandate. Das hat den Bundestag so stark vergrößert.

Deshalb setzt unsere Reform auch dort an. Es wird in Zukunft keine Überhang- und Ausgleichsmandate mehr geben. So ist gewährleistet, dass einerseits der Bundestag auf maximal 630 Sitze begrenzt bleibt. Und andererseits wird der Wählerwille bzgl. der Parteien in der Sitzverteilung abgebildet. Stichwort Konformität zum Verhältniswahlrecht. Im genannten Beispiel erhielte die Partei nur die 10 Sitze, die ihr laut Zweitstimmenergebnis zustehen. Die zwei Wahlkreiserstplatzierten, die das niedrigste prozentuale Erststimmenergebnis aufweisen, ziehen nicht in den Bundestag ein.

Es kann also in seltenen Fällen beim neuen Wahlrecht dazu kommen, dass die Erstplatzierten in Wahlkreisen nicht in den Bundestag einziehen, wenn die Anzahl der Wahlkreisersten einer Partei in einem Land die Anzahl der Sitze laut Zweitstimmenergebnis übersteigt. Diese seltenen Fälle werden durch die Erhöhung der Regelgröße des Bundestages von 598 auf 630 noch einmal seltener. Ganz ausgeschlossen werden kann dieser Fall allerdings nicht.

In Summe führt die Reform des Wahlrechts zu einer definitiven Verkleinerung des Bundestages um 106 auf 630 Abgeordnete. Gleichzeitig werden die Prinzipien des Verhältniswahlrechtes gestärkt.

 Mit freundlichen Grüßen

Matthias Mieves

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