Soziale Gerechtigkeit Die Linke will eine ausbeutungsfreie Gesellschaft, welche sie demokrat. Sozialismus nennt. Haben sie eine Begriffsdefinition von Ausbeutung und von deren Größen für Deutschl.?

Portrait von Matthias W. Birkwald
Matthias W. Birkwald
DIE LINKE
100 %
23 / 23 Fragen beantwortet
Frage von Norbert S. •

Soziale Gerechtigkeit Die Linke will eine ausbeutungsfreie Gesellschaft, welche sie demokrat. Sozialismus nennt. Haben sie eine Begriffsdefinition von Ausbeutung und von deren Größen für Deutschl.?

Es gibt bisher von Seiten der Linken keine Begriffsdefinition von Ausbeutung und auch keine Aufstellung wie viel Ausbeutung es gibt.
Wie will die Linke zur einer ausbeutungsfreien Gesellschaft bzw. politischen Mehrheiten dafür kommen, wenn sie den Menschen nicht erklären kann, was sie davon haben bzw. was es konkret für Deutschland bedeutet?
Wie viel Geld geht den Menschen verloren, welche Arbeits- und Lebenszeit müssen die Menschen dafür aufwenden? Wie hoch ist der Resourcenverbrauch dafür?
Wieso kommt in Wahlprogrammen von Kommunal-, Landtags- und Bundestagswahlen die Begriffe Ausbeutung und Umverteilung nicht vor, obwohl dies ja in jedem Dorf, in jeder Stadt, in jeden Landkreis und in jeden Bundesland tagtäglich stattfindet?

Wie ist ihre Einschätzung dazu?
Für mich sind z.B. „leistungslose Einkommen“ Ausbeutung, weil der erzielte Gewinn/Reichtumszuwachs ohne persönliches Risiko bzw. eigene Arbeit entsteht.
Monopolgewinne/Ausbeutung z.B. d. Immobilien- und Bodenspekulation u.v.a.

Portrait von Matthias W. Birkwald
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr S.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Zuschrift.

Ihre Frage betrifft sehr grundsätzliche Aspekte. Zunächst kann ich Ihnen versichern, dass DIE LINKE in ihrer Programmatik sowohl von "Umverteilung", als auch von "Ausbeutung" spricht.

So heißt es beispielsweise im Programm zur Bundestagswahl 2021:

  •  "Durch die Koppelung des Aufenthaltsrechts an den Arbeitsvertrag sind sie [ausländische Arbeitskräfte] besonders von extremer Ausbeutung bedroht und können ihre Rechte schwerer durchsetzen" oder
  • "Um Ausbeutung zurückzudrängen, müssen Beschäftigte in Privathaushalten ohne Arbeits- und Aufenthaltsrecht die Möglichkeit einer Legalisierung erhalten" oder
  • "Die Politik der Bundesregierungen, die dafür sorgt, dass private Konzerne und Investoren mit unseren Versicherungsbeiträgen, Zuzahlungen, Eigenanteilen und der Ausbeutung der Beschäftigten im Gesundheitswesen das große Geld machen können, gefährdet unsere Gesundheit!" oder
  • "Zudem ist bei sehr großen Vermögen auch eine Umverteilung zulasten von Vermögenssubstanz erforderlich" oder
  • "Wir streiten für Umverteilung des Reichtums, für Geschlechtergerechtigkeit und Demokratie, für eine neue Industriestrategie und eine tragfähige öffentliche Infrastruktur in Europa – für eine gute Zukunft für alle." u.a.

Ähnliche häufige Nennungen sowohl von "Ausbeutung", als auch von "Umverteilung" werden Sie im Programm meiner Partei zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im vergangenen Jahr finden.

Vielleicht spielen Sie mit Ihrer Frage darauf an, dass der Ausbeutungsbegriff der LINKEN nicht im einem Marxschen Sinne gebraucht wird, da Marx in einem weitgehend normativ befreiten Sinne damit bezeichnet, dass und wie aus einer bezahlten Einheit verausgabter Arbeitskraft ein Maximum unbezahlter Arbeitskraft gewonnen wird. Allerdings sind in der LINKEN nicht alle Marxistinnen und Marxisten, und selbst unter denen, die sich auf Marx berufen, besteht Uneinigkeit darüber, ob bzw. wie die Arbeitswertlehre von Marx im Anschluss an die ökonomischen Klassiker weiterhin plausibel ist. Aus diesen Gründen des Pluralismus und der Publikumsnähe wird von der LINKEN der Begriff der "Ausbeutung" eher alltagssprachlich im Sinne normativ inakzeptabler Arbeitsverhältnisse sowie im Hinblick auf die Umwelt zur Bezeichnung einer nicht-nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen gebraucht.

Was Sie als "leistungslose Einkommen" ansprechen, entspricht weithin denjenigen Einkunftsarten, die meine Partei und ich stärker besteuern bzw. gerade im Falle der Spekulation mit Wohnraum unterbinden oder zumindest stärker regulieren wollen.

Ich vermute, dass eine solche Politik für mehr soziale Gerechtigkeit auch in Ihrem Sinne wäre und möchte Ihnen daher nahe legen, die Politik der LINKEN zu unterstützen.

In jedem Fall verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen,

Ihr Matthias W. Birkwald MdB

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Matthias W. Birkwald
Matthias W. Birkwald
DIE LINKE