Sehr geehrter Herr Brand Warum haben Sie im Bundestag gegen den Rücktritt von Nancy Faeser gestimmt?

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Michael Brand
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Frage von Ulf F. •

Sehr geehrter Herr Brand Warum haben Sie im Bundestag gegen den Rücktritt von Nancy Faeser gestimmt?

Sehr geehrter Herr Brand

In der Öffentlichkeit kritisiert die CDU Nancy Faeser wegen Ihrer Politik als Innenministerin und auch wegen der Böhmermann-Affäre.
Wieso hat dann Ihre Fraktion und Sie insbesondere gegen den Antrag zum Rücktritt von Frau Faeser gestimmt?
Als Bundestagsabgeordneter meines Landkreises kann ich Sie in der Hinsicht nicht mehr verstehen, wie Sie (sprich: die CDU) auf der einen Seite etwas kritisieren und dann gegen etwas stimmen, was das ändern würde.
Sind die Äußerungen Ihrer Partei nicht ernst gemeint?

Ich wäre Ihnen, als meinen Bundestagsabgeordneten, sehr dankbar, wenn Sie mir diesen offensichtlichen Widerspruch erklären würden.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr F.,

ich habe nicht gegen den Rücktritt von Nancy Fieser gestimmt, das ginge auch gar nicht. Rücktritte von Mitgliedern der Regierung sind nicht Gegenstand von Abstimmung im Parlament, sondern von Handlungen der Minister. Entlassen kann sie nur der Bundeskanzler. Gestimmt habe ich gegen einen Antrag der extremistischen AfD.

Kritik an Mitgliedern der Bundesregierung, auch harte Kritik, ist Aufgabe der Opposition.

Unsachliche und aggressive Polemik, zumal verbunden mit dem Schüren von Hass gegen einzelne Gruppen der Bevölkerung, wie es die extremistische  AfD tut, ist etwas ganz anderes. 

Und nur, weil die AfD sich wieder eine neue Schlagzeile ausgedacht hat, müssen die anderen Parteien nicht über das Stöckchen springen.

Unsere Kritik - und auch die vieler anderer - an Nancy Faeser, ihrem Versagen beim Thema illegale Migration, Bundespolizei wie auch in der akuten Faeser-Affäre (es ist keine Böhmermann-Affäre, sondern eine der Bundesinnenministerin) ist für jedermann zu verfolgen und nachzuvollziehen.

Ihre rhetorische Frage, ob unsere Kritik ernst gemeint ist, wird in der Öffentlichkeit eindeutig beantwortet: Natürlich ist sie ernst gemeint und wird auch ernst genommen. Das wird sie auch deshalb, weil wir es eben nicht in der Art und Weise tun, wie die schlechteste Alternative für Deutschland, das trojanische Pferd Russlands in Deutschland, es immer wieder vorführt.

Insofern handelt es sich nicht um einen offensichtlichen Widerspruch, sondern um eine Frage klarer Positionen und demokratischer Haltung. 

Als etwas widersprüchlich empfinde ich allerdings, dass Sie offensichtlich in dieser Frage die Position der AfD einnehmen, dies nicht klar zu kennzeichnen in der Lage waren. Wenn ich dabei ausschließen kann, dass Sie nicht der schlechtesten Alternative für Deutschland folgen und für Dialog offen sind, dann könnten wir das, allerdings nicht nur plakativ hier auf AbgeordnetenWatch, gerne einmal versuchen.

In diesem Sinne grüße ich aus Berlin ins heimatliche Hünfeld,

Ihr
Michael Brand

+++

P.S.: In der besagten Debatte habe ich das Wort ergriffen - hier die Rede aus dem Plenarprotokoll:

DEUTSCHER BUNDESTAG, 20. September 2023

Rede Michael Brand (Fulda): 

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 

Eine Vorbemerkung: Es bleibt unerträglich und es macht zunehmend wütend, mit anzusehen, wie rechtsextreme Feinde unserer Demokratie so tun, als würden sie die Demokratie vor Schaden bewahren wollen.

Genau das Gegenteil ist die Wahrheit: Sie bekämpfen diese Demokratie mit allen Mitteln. Die AfD ist der Schaden für diese Demokratie und eine Schande für dieses Land.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, heute geht es nicht um die inszenierten Debatten. 

Es geht darum, unangenehme Wahrheiten auszusprechen, um Defizite, um schwere Versäumnisse und auch gefährliche Ignoranz. Die Zeit reicht nicht für alles, aber drei zentrale Beispiele will ich nennen.

Erstens. Es ist eine offene Wunde. Seit einem Jahr liegt das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vor, das erlaubt, zahlreiche Sexualgewalttäter gegen Kinder hinter Gitter zu bringen und Kinder vor Missbrauch zu schützen. Die Speicherung von IP-Adressen macht es möglich, aber die Innenministerin tut nichts – seit einem Jahr!

Allein 15-mal wurde selbst die Anhörung zu diesem wichtigen Thema blockiert. Und wann soll die jetzt endlich stattfinden? Drei Tage nach der Hessen-Wahl. Das ist nicht in Ordnung, liebe Frau Ministerin; das ist – ich sage es so – unmoralisch.

Diese Kinder sind unschuldige Opfer; sie dürfen nicht auch noch die Opfer eines Versagens der Politik werden. Kinderschänder verdienen keinen Datenschutz.

Zweitens. Die Blockade bei den IP-Adressen ist nur ein wesentlicher Teil der fehlenden Rechtsgrundlagen für moderne Verbrechensbekämpfung. Beim jetzt diskutierten Bundespolizeigesetz geht die Ministerin nicht den Weg der Modernisierung, sondern der Blockade von notwendigen Maßnahmen und Befugnissen, die von der Bundespolizei, von Gewerkschaften und anderen dringend gefordert werden. Das kann nicht so bleiben; das müssen Sie ändern, Frau Faeser.

Drittens. Von überall her, von Kommunen, selbst von Ihrem eigenen SPD-Bürgermeister in Schwalbach – Sie sind Ortsvorsitzende der SPD dort im Taunus – und von Landräten, kommen Briefe, die aber nicht beantwortet werden. Es ist im Übrigen egal, welche Parteifarbe diese Bürgermeister oder Landräte haben; der Bürgermeister hat jetzt wieder geschrieben. Also war er offensichtlich mit der Antwort nicht zufrieden.

Ich nenne auch die ehrenamtlichen Helfer, und die Polizeien in Bund und Ländern rufen es: „Bitte helft uns beim Thema Migration! Wir packen es so nicht.“

Wenn Sie die Hilferufe partout nicht annehmen wollen von der kommunalen Familie, von der CDU/CSU, dann hören Sie auf den früheren Bundespräsidenten Joachim Gauck! Das muss Sie und uns alle doch wachrütteln.

Deutschland muss handeln – mit Augenmaß, aber handeln, sonst gefährden wir den Konsens in unserem Land. Ihre Scheuklappen, Frau Ministerin, müssen Sie endlich ablegen. Sie müssen endlich hinschauen, der Realität ins Auge sehen, auch wenn es Ihnen nicht gefällt. Und Sie müssen endlich bereit sein, zuzuhören, statt immer die Schuld bei anderen zu suchen. Nur gemeinsam mit der Bevölkerung, mit den Verantwortlichen vor Ort können wir beim Thema Migration und beim Kampf gegen illegale Migration Lösungen finden.

Mit der Haltung „Alle anderen sind schuld, haben keine Ahnung, und nur ich mache alles richtig“ wie heute bei Ihrem uneinsichtigen Auftritt im Innenausschuss kommt niemand weiter. Vertrauensverlust ist Gift für die Demokratie. Kehren Sie um! Denn Ihre Politik sorgt am Ende dafür, dass es Wasser auf die Mühlen der Falschen gibt.

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