Wer war Ende 2019 der entscheidende Wegbereiter für die oft kritisierte Verlustverrechnungsbeschränkung des § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG?

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Michael Schrodi
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Frage von Chris M. •

Wer war Ende 2019 der entscheidende Wegbereiter für die oft kritisierte Verlustverrechnungsbeschränkung des § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG?

Sehr geehrter Herr Schrodi,

mit §20 Abs.6 S.5 EStG wurde Ende 2019 eine Verlustverrechnungsbeschränkung auf Termingeschäfte eingeführt. Der Gesetzentwurf wurde am 11.12.19 vom Finanzausschuss eingebracht. Sie waren seinerzeit Aussschussmitglied:
dserver.bundestag.de/btd/19/158/1915876.pdf
www.bundestag.de/webarchiv/Ausschuesse/ausschuesse19/a07

Kürzlich griff die FAZ das Thema wieder auf:
www.faz.net/aktuell/finanzen/steuern-auf-termingeschaefte-laesst-expertinnen-an-kompetenz-der-politik-zweifeln-19579287.html
www.faz.net/aktuell/finanzen/kommentar-binding-steuer-unmoralische-gesetzgebung-19579285.html

Vom Autor wird unterstellt, dass Lothar Binding der entscheidende Wegbereiter oder "Erfinder" der Regelung ist. Sein Name steht tatsächlich auf Seite5 der obigen Beschlussempfehlung. Und er verteidigte die Regelung u.a. auf abgeordnetenwatch vehement.

Können Sie bestätigen, dass Herr Binding tatsächlich der Wegbereiter des §20 Abs.6 S.5 EStG war? Können Sie weitere Details nennen?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr M.,

herzlichen Dank für Ihre Anfrage.

In der Sache verweise ich auf meine Antworten vom 18. und 19.07.2023 und meine Ergänzung von heute zur Frage der angenommenen Verfassungswidrigkeit.

Die Regelung wurde Ende 2019 im Rahmen der Beratungen zum Jahressteuergesetz 2019 diskutiert und letztlich erst Anfang 2020 mit dem Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen beschlossen. Sie trat 2021 in Kraft.

Der von den damaligen Koalitionsparteien CDU/CSU und SPD eingebrachte Vorschlag begründet die Regelung wie folgt: "Die Verluste können nicht mit anderen Kapitalerträgen verrechnet werden. Termingeschäfte sind durch ihre begrenzte Laufzeit und durch Hebeleffekte in wesentlichem Umfang spekulativ. Es können einerseits hohe Gewinne und andererseits der Totalverlust der Anlage eintreten. Diese Effekte treten bei anderen Kapitalanlagen nicht in vergleichbarem Ausmaß auf. Verluste aus Termingeschäften werden deshalb in einem besonderen Verlustverrechnungskreis berücksichtigt, um das Investitionsvolumen und die daraus für Anleger entstehenden Verlustrisiken aus diesen spekulativen Anlagen zu begrenzen. Die Berücksichtigung der Verluste wird nicht generell versagt. Die Verlustnutzung wird zeitlich gestreckt und die Verluste veranlagungsübergreifend berücksichtigt."

Sie können davon ausgehen, dass die gesamte SPD-Arbeitsgruppe Finanzen hinter dieser Regelung stand und steht, deren Sprecher damals Lothar Binding war und der ich damals als einfaches AG-Mitglied - und als zuständiger Berichterstatter für die Einkommensteuer - angehört habe. In dieser Wahlperiode bin ich in Nachfolge von Lothar Binding finanzpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion.

Gesetze wie diese werden in den zuständigen Ministerien vorbereitet, im Kabinett und in den jeweiligen Regierungskoalitionen sowie im Finanzausschuss und letztendlich im Bundestag mit Mehrheit beschlossen. Dabei gibt es viele Vorschläge und am Ende steht oft ein Kompromiss. Einzelne Regelungen 1:1 einzelnen Abgeordneten zuzuschreiben, erscheint in diesem Zusammenhang abwegig. Die Unterschrift als Berichterstatter auf S. 5 der von Ihnen angesprochenen Beschlussvorlage besagt nur, dass diese Beschlussvorlage die Diskussion und den Beschluss des Finanzausschusses korrekt wiedergibt. Dort steht z. B auch der Name Lisa Paus, obwohl ihre Fraktion sich damals in der Opposition befand und sich bei diesem Gesetzentwurf der Stimme enthalten hat.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Schrodi

 

 

 

 

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