Frage an Monika Lazar bezüglich Innere Sicherheit

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Monika Lazar
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Frage von Diana G. •

Frage an Monika Lazar von Diana G. bezüglich Innere Sicherheit

Liebe Frau Lazar,

ich möchte gern mit Ihnen ins Gespräch kommen - da sich aufgrund des Lesens im Buch
>> Vorsicht Bürgerkrieg << von Uwe Ulfkotte so einige Fragen in mir entwickelt haben.

Ich las bspw. das die Gewaltbereitschaft gegenüber Polizisten in Deutschland beständig steigt und es zu immer aggressiveren Übergriffen auf die Polizei kommt. Haben Sie selbst etwas zu diesem Thema vernommen und wie schätzen Sie die aktuelle Situation ein?
Ebenso wird im Buch benannt, dass es einen >Atlas der Wut< gibt, der der Bundesregierung vorliegt, den Bürgern jedoch nicht zugänglich gemacht werden soll. In diesem >Atlas der Wut< sollen all diejenigen Gebiete in Deutschland eingezeichnet sein, an denen potentzielle soziale Unruhen/ bürgerkriegsähnliche Zustände erwartet werden. Was wissen Sie selbst über diesen >Atlas der Wut< und seine Existenz?
Stimmt es, dass die Polizei den Auftrag von seiten der Bundesregierung erhielt, sich auf solche sozialen Unruhen entsprechend vorzubereiten und wenn ja wie sehen solcherlei Vorbereitungen im Genaueren aus.

Ich bedanke mich über eine Rückantwort Ihrerseits.
Mit freundlichen Grüßen, Diana.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Grellmann,

danke für Ihre Nachricht, die sich mit einem brisanten und wichtigen Thema befasst. Auch mich beschäftigt die hohe Gewaltbereitschaft in Teilen der Bevölkerung. Als grüne Sprecherin für Strategien gegen Rechtsextremismus erhalte ich besonders häufig Berichte über Gewalt durch Neonazis gegenüber Menschen, die nicht deren Normvorstellungen entsprechen. Leider wurden zahlreiche Menschen nicht nur durch Rechtsextreme misshandelt und schwer verletzt, sondern sogar getötet. Solch ein grausames Ausmaß ist bei der Gewalt gegen Polizeibeamte glücklicherweise nicht zu verzeichnen. Dennoch muss die Aggression gegenüber der Polizei ernst genommen werden.

Am häufigsten werden Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Bevölkerung aber auf Demonstrationen beobachtet. Hier muss im Einzelfall stets geprüft werden, was genau vorgefallen ist, bevor man bewerten kann. Ich habe selbst häufig auf Anti-Nazi-Demonstrationen mitgewirkt und Gewalt zwischen Polizei und Demonstrierenden miterlebt. Dabei ging die Gewalt nicht immer primär von den Demonstrierenden aus, was jedoch Medienberichte häufig nahelegen.

Zur Rechtslage: Notwehr und Nothilfe sind, selbst wenn sie mit der Anwendung von Gewalt verbunden sind, ausdrücklich rechtmäßig (§32, 34 StGB). Notwehr heißt: sich gegen einen rechtswidrigen Angriff wehren. Auch gegen rechtswidrige Gewaltanwendung durch Polizistinnen und Polizisten ist Notwehr zulässig. Allerdings kann es im Einzelfall schwierig sein festzustellen, ob es sich um eine rechtswidrige oder rechtmäßige Polizeimaßnahme handelte.
Nothilfe ist die Unterstützung einer dritten Person gegen einen rechtswidrigen Angriff. Wird also ein anderer auf einer Demo von Polizei oder Nazis angegriffen, so müssen Umstehende nicht tatenlos zusehen, sondern dürfen dem Opfer helfen.

Selbstverständlich gibt es auch Gewalt gegen die Polizei, die nicht durch Notwehr oder Nothilfe begründbar ist. Ein trauriges Beispiel ist der Messerangriff auf den Passauer Polizei-Chef Alois Mannichl 2008 vor seiner eigenen Haustür. Man nimmt hierbei einen rechtsextremen Hintergrund an. Auch allgemeine starke Frustration oder Alkoholkonsum können zu Gewalt gegen die Polizei führen. Solche Taten sind ohne Wenn und Aber abzulehnen und müssen strafrechtlich verfolgt werden.

Die Thesen von Herrn Ulfkotte sind mir bekannt. Ich halte sie aber für überzogen und unrealistisch. Ein sog. Wutatlas ist mir in meinen Jahren als Abgeordnete seit 2005 nie zu Gesicht gekommen. Auch finde ich es wesentlich konstruktiver, sich mit der positiven Gestaltung unserer Gesellschaft zu befassen und die Bevölkerung dazu zu ermutigen. Stattdessen schürt Herr Ulfkotte Befürchtungen und verbreitet Resignation. Seine Haltung zu Menschen mit Migrationshintergrund finde ich höchst fragwürdig und dem sozialen Frieden, um den er sich so besorgt zeigt, keineswegs zuträglich.

Viele Grüße

Monika Lazar