Frage an Nadja Weippert bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

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Nadja Weippert
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Dimitri P. •

Frage an Nadja Weippert von Dimitri P. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Guten Tag Frau Weippert,

es gibt erfreuliches zu berichten. Die Syrisch Arabische Armee (SAA) hat es am 5.9.17 geschaft die dreijährige Blockade durch den IS (Deash) von Deier Ezzor zu durchbrechen. Hundertausende Menschen, die drei Jahre täglich um ihr Leben gekämpft haben, stehen kurz vor der Befreiung durch die SAA.

Eines jedoch vermisse ich. Für die Qualitätsmedien, für die wir jeden Monat eine Zwangsabgabe leisten müssen, ist dieses historisches Ereignis anscheindend keine wichtige Nachricht. Denn werder die ARD oder das ZDF hat darüber berichtet.

Meine Frage ist. Können Sie mir erklären wie diese wichtige Meldung untergehen konnte?
Und. Welche Position vertreten Sie in diesem von Außen herbeigeführten Krieg. Bündnis 90 die Grünen war ja einst gegen den Krieg. Doch seit Herrn Fischer und dem illegalen Krieg gegen Jugoslavien 1999 ist nicht mehr viel übrig geblieben.

Zu wissen wie die kommunalen Politiker aus meiner Region denken, wird mir sicherlich helfen das Kreuz bei den Bundes - und Landtagswahlen an der richtigen Stelle zu setzen.

Ich freue mich auf Ihre Antwort.

Hochachtungsvoll

D. P.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr P.,
leider kann ich Ihnen keine Antwort darauf geben, warum diese Nachricht in den öffentlich rechtlichen Medien offenbar untergegangen ist. Ich kann aber Ihren Unmut darüber gut verstehen, da man als Bürger so das Gefühl vermittelt bekommt, nur noch „gefilterte“ Informationen zu erhalten.

Wir GRÜNEN sind grundsätzlich gegen jedwede Art von Krieg und Gewalt. Der Krieg in Jugoslawien und im Kosovo wäre meiner Meinung nach vermeidbar gewesen. Er wurde damals mit der Begründung geführt, einen Völkermord zu verhindern, bei dem überwiegend die serbische Seite als Täter und die albanische Bevölkerung als Opfer in fast allen Leitmedien dargestellt wurden. Wer die Verantwortung für das „Massaker von Racak“ am 15.1.1999 mit 45 Toten trägt, ist bis heute noch nicht restlos aufgeklärt. Dennoch wird dieses Ereignis als Auslöser des Krieges genannt. Auch Herr Fischer hat es zum damaligen Zeitpunkt so gesehen. Ich persönlich bedauere dies sehr. Ein solcher Fall darf sich nicht wiederholen.

Insbesondere gilt es aktuell in Syrien politisch und vor allem aber humanitär zu handeln:

Auf dem Gebiet des Irak und Syriens wurden seit 2012 sowohl von staatlichen als auch von nichtstaatlichen Akteuren schwere Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen. Opfer dieser Verbrechen sind unter anderem ethnische und religiöse Minderheiten, wie Christen, Jesiden, Turkmenen und andere geworden. Die Angriffe des ISIS/Daesh auf die Jesiden wurden von der Untersuchungskommission des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen im Juni 2016 als Völkermord eingestuft.

Mehr als 3.200 Frauen und Kinder befinden sich nach wie vor in der Gewalt von ISIS/Daesh, v. a. in Syrien, wo sie hundertfach vergewaltigt und dutzendweise weiterverkauft werden; tausende Jungen und Männer werden vermisst.

Auch gegen die syrische Zivilbevölkerung wurden wiederholt Kriegsverbrechen begangen. Human Rights Watch hat in 47 Fällen den Einsatz von Streumunition in vom syrischen Regime kontrollierten Gebieten dokumentiert. Die tatsächliche Zahl liegt vermutlich sehr viel höher. Experten von VN und der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) sind darüber hinaus zu dem Schluss gekommen, dass die syrischen Regierungstruppen mindestens zweimal Chlorgas eingesetzt haben – im April 2014 und im März 2015 gegen Orte in der nordsyrischen Provinz Idlib. Bei den Giftgasangriffen wurden mindestens 13 Menschen getötet. ISIS/Daesh setzte demselben Bericht zufolge mindestens einmal Senfgas ein: am 21. August 2015 in der Stadt Marea in der nördlichen Provinz Aleppo. Der Einsatz von Streumunition und Giftgas sind Kriegsverbrechen.

Amnesty International berichtet von systematischer Folter in syrischen Gefängnissen, an deren Folgen viele Häftlinge sterben. Seit dem Ausbruch des Krieges im März 2011 bis Ende 2015 sind demnach 17.723 Menschen in Haft gestorben – das sind rund 300 im Monat. Der ehemalige syrische Militärfotograf „Caesar“ hatte bereits Anfang 2014 53.000 Fotos aus syrischen Gefängnissen veröffentlicht, darunter 28.707 Aufnahmen von Personen, die in Haft gestorben sind und teilweise von schwerster Folter gezeichnet waren. Systematische Folter ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Diese Zustände sind nicht länger hinnehmbar. Angesichts dieses unermesslichen Leids in Syrien und der Befürchtung, dass sich der Konflikt nicht in absehbarer Zeit lösen lassen wird, müssen wenigstens die Bevölkerung humanitär versorgt und schlimmste Menschenrechtsverletzungen verhindert werden. Die Beendigung der Straflosigkeit von Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord ist dazu ein wesentlicher Schritt. Eine militärische Lösung kann und darf es nicht geben! Diplomatie und humanitäre Hilfe hingegen müssen weiter gestärkt und gefördert werden. Wir GRÜNEN wollen uns auch in der kommenden Wahlperiode aktiv dafür einsetzen.

Sollten Sie noch weitere Fragen und/ oder Anregungen zu diesem Thema oder anderen Themen haben, erreichen Sie mich auch persönlich unter meiner Emailadresse
kontakt@nadja-weippert.de „.

Mit herzlichen Grüßen

Nadja Weippert

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