Frage an Niema Movassat bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

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Niema Movassat
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Frage von Hartmut M. •

Frage an Niema Movassat von Hartmut M. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Movassat,

der Zeitung "TZ" ( vom 02.11.2013) entnahm ich folgende Ausführung:

"Laut deutschem Asylrecht ist es ausgeschlossen, dass man aufgrund von
Notsituationen wie Bürgerkriege oder Armut Asyl in Deutschland bekommt.
Das Asylrecht ist das einzige Grundrecht, das nur Ausländer zusteht.
Es gilt für alle Verfolgte, zumeist Menschen, die wegen ihrer Rasse,
Religion und Nationalität erlitten haben oder davon bedroht sind:"

Trotzdem höre ich von fast allen Parteien man müsse den Menschen aus
Afrika helfen, die aufgrund von Armut nach Europa streben.
Wie ist das mit dem Asylrecht in Einklang zu bringen?

Nach UN-Angaben leben z.Z. 7,2 Mrd. Menschen auf der Erde. 2050 werden es
voraussichtlich 9,6 Milliarden sein.
Afrika wächst und wächst. In einer der ärmsten Regionen der Welt
würden 2040-2050, südlich der Sahara, dann, mindestens 3,8 Mrd. Menschen
leben, laut UNEPA ( UN-Bevölkerungsfonds).
Wie kann verhindert werden, dass diese Menschen in die EU drängen?

Die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung weist auf die hohe Zahl der
ungewollten Schwangerschaften in Afrika hin: " In Entwicklungsländern
hat
nach wie vor jede vierte Frau, die gerne verhüten möchte, keine
Möglichkeit dazu. Von den Kindersterblichkeit ganz zu schweigen, das
empfinde ich erdrückend dramatisch.
Das sind 220 Millionen Frauen die nicht verhüten können, wie z.B. Frau
Renate Bähr vorrechnet.
Siehe auch diesen Link:

http://www.mmh-mms.com/news/situation-der-frauen-familie/220-mio-frauen-koennen-nicht-verhueten/index.php

In Afrika lebt laut Fr. Bähr die größte
Jugendgeneration aller Zeiten.Nachzulesen im Südkurier vom 06.11.2013
Sind es deswegen nicht nur kosmetische und nicht ausreichende Maßnahmen,
wenn man zwar einige Menschen hier aufnimmt, ansonsten aber nichts an der
Situation ändert?
Warum findet nicht eine massive Aufklärungs-und Verhütungskampagne
statt? Auch um das Leben von Menschen zu retten?

MfG

Müller

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DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Müller,

das deutsche Asylrecht ist meiner Ansicht nach viel zu restriktiv. Bürgerkriegsflüchtlingen sollten wir selbstverständlich Schutz gewähren. Wenn wir den Reichtum in Deutschland vernünftig besteuern würden, wäre das auch finanziell machbar. Auch sozial benachteiligte einheimische Menschen müssten dann keine Not leiden. Und viele wesentlich ärmere Länder nehmen ungleich höhere Zahlen von Menschen bei sich auf, wenn sie in existenzieller Not sind. Europa und Deutschland betreiben stattdessen eine rigorose Abschottungspolitik, die jedes Jahr tausende Menschenleben kostet. Ich halte das für zutiefst unethisch.

Im Übrigen ist Deutschland drittgrößter Waffenexporteur der Welt. Die deutsche Waffenindustrie verdient Milliarden, die Politik bahnt die Geschäfte an. Da kann man nicht gerade behaupten, wir hätten nichts zu tun mit den bewaffneten Konflikten dieser Welt.
Zu den Fragen der wachsenden Weltbevölkerung: Geburtenraten verringern sich in der Regel bei wachsendem Wohlstand. Das war auch in Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg so.

In vielen Ländern Afrikas sterben Kleinkinder bereits in den ersten Jahren an Unterernährung oder an einfachsten Krankheiten. Eine große Familie ist dort häufig die einzige Chance im Alter versorgt zu werden, Kinderreichtum deshalb sehr erstrebenswert.
Aufklärung und die Verfügbarkeit von Verhütungsmitteln zu fördern ist zweifellos richtig. Entwicklungspolitik primär darauf auszurichten, die Geburtenrate zu reduzieren, halte ich aber entschieden für den falschen Weg. Die Menschen in Afrika brauchen keine ExpertInnen aus dem globalen Norden, die ihnen erklären, wie viele Kinder sie bekommen dürfen.

Stattdessen müssen wir endlich eine Politik machen, die die armen Länder der Welt in ihrem Streben nach Autonomie, Selbstbestimmung und einem besseren Leben unterstützt - und nicht wie bisher genau dies verhindert. Insbesondere unsere Wirtschafts- und Handelspolitik zementiert die bisherige weltweite Wohlstandsverteilung. So lange sich diese aber nicht ändert, wird es auch sehr hohe Geburtenraten in armen Ländern geben. Die Einsicht in die Notwendigkeit der Umverteilung des weltweiten Wohlstands zählt auch deshalb zu meinen politischen Grundüberzeugungen.

Detaillierte politische Konzepte für eine solidarische Entwicklungspolitik finden Sie unter:
http://dokumente.linksfraktion.de/inhalt/entwicklungspolitische-leitlinien.pdf

Mit freundlichen Grüßen
Niema Movassat