Frage an Norbert Müller bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Norbert Müller
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Frage von Thomas G. •

Frage an Norbert Müller von Thomas G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Guten Tag Herr Müller,

wie stellen Sie sich vor, dass die Gewaltenteilung von exekutiver, legislativer und judikativer Gewalt gestärkt werden kann?
Wie könnten die Abstimmungen und die Sachthemen im Bundestag mehr zu Gewissensentscheidungen des einzelnen Angeorneten werden?
Viel mehr als bisher in der "Berliner Republik" verwirklicht stelle ich mir vor, dass die Parlamente und die Kabinette sich an die Präambel und die 146 Artikeln des Grundgesetzes binden, auf die Minister, Präsidenten. Kanzler, Staatssekretäre, Landräte, Richter, Staatsanwälte Bürgermeister, Soldaten, Polizisten und Lehrer (sofern Beamte) vereidigt werden.
Dass Gesetzgebungsverfahren immer mehr zu Lobby-Veranstaltungen entwickeln ist nicht
im Sinne des Volkes, "dem wahren Souverän", sondern Ausdruck einer "Lobby-Kratie" im Gegensatz zur "Demo-Kratie".
Wie können Sie persönlich darauf hin wirken, vorausgesetzt Sie erhalten ein Abgeordnetenmandat, und wie verwirklichen Sie dieses bereits jetzt verantwortlich als Bürger und/oder Mandatsträger in dieser Republik?
Und nun eine letzte Frage an den Abgeordneten / die Abgeordnete meines Wahlkreises:
Wie können parteiunabhängige Kandidaten über aussichtsreiche Listenplätze Ihrer Partei in die Parlamente gewählt werden?

Besten Gruß
Thomas Gamer ( Freier Journalist )

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Gamer,

Vielen Dank für Ihr Interesse an unseren Positionen. DIE LINKE setzt sich auf Bundes- und Landesebene für eine konsequente Durchsetzung des Gewaltenteilungsprinzips und eine Demokratisierung der Justiz ein. Richterinnen und Richter und Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sollen ausschließlich durch Richterwahlausschüsse ernannt werden statt wie bisher unter maßgeblichem Einfluss der Justizministerinnen und Justizminister. Im europäischen Maßstab ist Deutschland bei der Selbstverwaltung der Justiz eines der Schlusslichter. Zur Sicherung der strukturellen Unabhängigkeit der Justiz wollen wir die Selbstverwaltung der Gerichte und Staatsanwaltschaften durch Justizräte einführen. Alle gesellschaftlichen Schichten sollen angemessen repräsentiert sein. Gleichzeitig setzte ich mich für einen Ausbau der Mitbestimmungsrechte aller Bürger_innen ein. Unser repräsentatives Demokratiemodell muss um direktdemokratische Elemente ergänzt werden. Wir wollen Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide auf Bundesebene einführen. Die Ausweitung der Mitbestimmungsrechte schließt auch die Einführung von Referenden ein, d.h. die Bürgerinnen und Bürger können gegen parlamentarische Entscheidungen ein Veto einlegen. Wir wollen umfassende Informations- und Auskunftsrechte einführen. Gesetzgebung und Regierungshandeln sollen für Bürgerinnen und Bürger transparent gemacht werden. Wir wollen die Weiterentwicklung des Informationsfreiheitsgesetzes zu einem Transparenzgesetz, damit die Bürger_innen nicht erst Auskünfte beantragen müssen. Alle Bundesbehörden sollen von vornherein zur Veröffentlichung amtlicher Dokumente verpflichtet werden. Diese sind in offenen, maschinenlesbaren Formaten mit Auskünften über die Quelle zur Verfügung zu stellen (Open Data).
DIE LINKE ist die einzige Partei im Bundestag, die keine Spenden von Konzernen, Banken, Versicherungen oder Lobbyisten erhält. Der Einfluss des Lobbyismus auf die Politik muss zurückgedrängt werden. Gesetze dürfen nicht von denen geschrieben werden, die von ihnen profitieren. Korruption und Bestechung, Vorteilsgewährung, Vorteilsnahme, Intransparenz und Parteiensponsoring dürfen nicht die Politik bestimmen. Wir wollen Abgeordnetenbestechung wirksam unter Strafe stellen. Wer Gegenleistungen für Handlungen oder Unterlassungen im Zusammenhang mit der Ausübung des Abgeordneten-Mandats annimmt, soll bestraft werden. Wir wollen ein verbindliches, maschinenlesbares und transparentes Lobbyregister einführen und treten für ein Beschäftigungsverbot von Lobbyisten in Bundesministerien und - bei Vollzeitparlamenten - von Abgeordneten bei Unternehmen und Lobbyorganisationen ein. Die Nebenverdienste von Abgeordneten sind auf Euro und Cent zeitnah zu veröffentlichen. Unternehmens- und Lobbyistenspenden an Parteien sowie das Parteiensponsoring, wie Unternehmensstände auf Parteitagen, wollen wir verbieten und Spenden von Privatpersonen auf 25.000 Euro im Jahr begrenzen. Der Vermengung von politischen und wirtschaftlichen Interessen wollen wir Einhalt gebieten: Bundesministerinnen und Bundesminister, parlamentarische Staatssekretärinnen und Staatssekretäre müssen nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt mindestens drei Jahre bzw. für die Dauer des zeitlichen Anspruchs auf Übergangsgeld warten, bevor sie in Unternehmen wechseln, mit deren wirtschaftlichen Interessenssphären sie zuvor politisch befasst waren. Außerdem wollen wir die europäische Anti-Korruptionsbehörde OLAF ausbauen und stärken.
Dies sind aus meiner Sicht wirkungsvolle Maßnahmen um den Lobbyismus zu beschränken und die Demokratie zu stärken.
Zur ihrer letzten Frage: auf den Wahllisten der LINKEN standen in der Vergangenheit immer wieder parteilose Kandidat_innen auf aussichtsreichen Listenplätzen, die dann auch in den Deutschen Bundestag eingezogen sind. Auch dieses Mal kandidieren wieder parteilose Bewerber_innen auf unseren Listen. In Brandenburg kandidiert beispielsweise die Parteilose Anke Domscheit-Berg auf dem aussichtsreichen Listenplatz 3. Notwendig ist dafür das Votum der Vertreter_innenversammlung im Vorfeld der jeweiligen Wahl

Mit freundlichen Grüßen

Norbert Müller MdB