Warum nicht Waffen von den Taliban zurückkaufen?

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Roderich Kiesewetter
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Frage von Johann L. •

Warum nicht Waffen von den Taliban zurückkaufen?

Mehrfach habe ich gehört bzw gelesen, es sei sinnvoll, mit den Taliban ins Gespräch zu kommen, um künftige finanzielle Unterstützung an Bedingungen zu knüpfen, deren Erfüllung uns wichtig ist. Die Idee begrüße ich auch, nicht zuletzt deshalb, weil wir die Taliban nicht in die offenen Arme von China, Russland, ... treiben wollen.

Bei der Eroberung des Landes haben die Taliban viele westliche Waffen erbeutet. Dazu kommt mir folgende Idee: Wir könnten argumentieren, dass das eigentlich unsere Waffen sind und dass wir sie zurück haben wollen. Reduzierung des dortigen Waffenarsenals wäre vermutlich eine friedensfördernde Maßnahme! Wir könnten versuchen, finanzielle Hilfe und zurückgegebene Waffen gegenzurechnen, anders gesagt, (mehr) finanzielle Unterstützung gegen Rückgabe von Waffen! Wär das eine Verhandlungsposition? Wie denken Sie darüber?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr L.,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

In der Tat führte der Abzug der NATO-Truppen aus Afghanistan dazu, daß den Taliban Waffen und verschiedenes Material zugefallen ist, auch wenn es schwierig ist, dies zuverlässig näher zu beziffern. Einige dieser Waffensysteme werden die Islamisten nicht oder nur begrenzt nutzen können. Ihnen fehlen die Ausbildung, eine fachmännische Wartung und Munition. Der größte Teil der Waffen, die den Taliban in die Hände gefallen sein dürften, entstammt nicht aus Deutschland, sondern aus den USA. Entsprechend kann die Bundesregierung nicht unilateral Gespräche führen, sondern muss die jeweiligen Schritte entsprechend rückkoppeln.

Die einseitige Verhandlungsführung des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump mit den Taliban und die de facto bedingungslose Ankündigung des Truppenabzugs haben unsere Verhandlungsbasis erheblich geschwächt. Trotzdem gilt es nach Beendigung des Einsatzes natürlich weiterhin, auf Verhandlungen zu setzen und alles zu tun, um die negativen Auswirkungen auf die afghanische Zivilbevölkerung zu lindern. Dabei handelt es sich um einen schwierigen Balanceakt: Selbstverständlich muss die humanitäre Arbeit zugunsten der notleidenden Zivilbevölkerung fortgeführt werden, insbesondere da der Siegeszug der Taliban für die meisten Menschen zu einer erheblichen Verschlechterung ihrer ohnehin prekären Versorgungslage führt. Zugleich müssen wir jedoch dafür sorgen, daß den Taliban selbst möglichst wenig externe Unterstützung oder gar Finanzierung zukommt, da ihnen dies dazu verhelfen würde, ihren Machtanspruch weiter zu festigen. Einen solcher Tauschhandel, wie Sie ihn vorschlagen, halte ich daher für kontraproduktiv, zumal ich ihn nicht für realistisch halte.

Ich gebe Ihnen Recht, daß wir nun alles daran setzen müssen, den uns zur Verfügung stehenden Pfand geschickt als Verhandlungsmittel einzusetzen. Mit dem Diplomaten Markus Potzel haben wir einen der besten Afghanistan-Kenner unseres Landes für die Verhandlungen mit den Taliban in Doha entsandt. Daß es ihm gelungen ist, von den Taliban eine Zusage für sicheres Geleit für die Schutzsuchenden abzuringen, ist ein erster Erfolg, auf dem unsere weiteren Gespräche sicherlich aufbauen werden. 

Herzliche Grüße

Ihr Roderich Kiesewetter

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