Hallo Herr Hartmann. Wie groß ist die Gefahr einen neuen Groko ab September 2021? Für mich ein ausschlaggebendes Wahlargument. Müssen SPD Wähler erneut eine Koalition mit den Schwarzen befürchten?

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Sebastian Hartmann
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Frage von Jürgen S. •

Hallo Herr Hartmann. Wie groß ist die Gefahr einen neuen Groko ab September 2021? Für mich ein ausschlaggebendes Wahlargument. Müssen SPD Wähler erneut eine Koalition mit den Schwarzen befürchten?

Vor der letzten Wahl hieß es auf Seiten der SPD: keine neue Koalition mit der CDU. Dieses Versprechen wurde gebrochen. Muss der SPD Wähler erneut eine Steigbügelhalterfunktion für konservative Politik befürchten?

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Sehr geehrter Herr Schiefer,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Wie Sie wissen, war die Große Koalition nicht der Wunsch der SPD. Meine Partei hatte am Wahlabend des 24. September 2017 erklärt, sie werde nicht in eine erneute Koalition mit CDU und CSU eintreten. Das war angesichts des historisch schlechten Ergebnisses der SPD und den deutlichen Verlusten der Großen Koalition insgesamt nur konsequent. Die SPD war bereit, sich ihrer Verantwortung in der Opposition zu stellen. Ein „Weiter so“ konnte es nicht geben!

Ganz anders die Union. Angela Merkel versuchte mit aller Macht eben diese zu erhalten: mit dem üblichen Aussitzen und Wegmoderieren. Dass die alternative „Jamaika“-Koalition zwischen Union, Grünen und FDP wider Erwarten gescheitert war, war kein Verschulden der SPD. Die FDP mit Christian Lindner an der Spitze, daran darf ich erinnern, hatte die Bundesrepublik in eine schwere Krise gestürzt.

Die SPD stand vor der Wahl, in die Große Koalition erneut einzutreten – oder die wichtigste Wirtschaftsnation der EU in eine Minderheitsregierung mit unklaren Mehrheitsverhältnissen zu entlassen.

Dass sich die Sozialdemokratie nach langer und intensiver Diskussion ihrer Verantwortung erneut gestellt hatte und die Bundesregierung mitträgt, war eine schmerzhafte, aber in Abwägung richtige Entscheidung. Voraussetzung war für uns, dass der Koalitionsvertrag eine deutliche sozialdemokratische Handschrift trägt.

Um es klar zu sagen: Ich bin nicht glücklich, dass es erneut zu einer Großen Koalition gekommen war. Und doch bin ich zufrieden, dass wir viele wichtige Vorhaben für die Menschen erreichen konnten: eine Grundrente für langjährig versicherte Geringverdiener, ein Gute-Kita-Gesetz für bessere Kinderbetreuung in Kitas, eine deutliche Entlastung von den Pflegekosten für Kinder von Pflegebedürftigen (Unterhaltszahlungen erst ab einem Jahresbruttoeinkommen von über 100 000 Euro), eine Mindestvergütung für Auszubildende, fünf Milliarden Euro für die digitale Ausstattung unserer Schulen (aufgestockt um weitere 1,5 Milliarden Euro in der Corona-Pandemie), mit über fünf Milliarden Euro haben wir für über 100 000 neue Sozialwohnungen gesorgt, die Rentenbeiträge haben wir stabilisiert.

In der Corona-Pandemie hat Bundesfinanzminister Olaf Scholz mit Milliardenmitteln Familien und Unternehmen in Not geschützt, Bundessozialminister Hubertus Heil konnte durch großzügigen Einsatz des Kurzarbeitergeldes Tausende Arbeitsplätze retten.

Das sind nur einige Beispiele. Aber ich finde sie zeigen, dass die Große Koalition einiges auf die Beine stellen konnte.

Nichtsdestotrotz wird es Sie nicht wundern, dass eine erneute Große Koalition für mich keine Option ist. Das hat mehrere Gründe.

CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet mangelt es nicht nur an Führungsqualitäten, das zeigt er auch als Ministerpräsident in NRW. Er hat auch keinerlei Ideen, wie und wohin er unser Land in den kommenden vier Jahren führen will – so wie die gesamte Union. Die CDU hat sich in 16 Jahren Kanzlerschaft verbraucht.

Außerdem sind die inhaltlichen Gemeinsamkeiten zwischen SPD und Union vollends aufgebraucht. Es ist beschämend, dass ein „Demokratiefördergesetz“ mit der Union nicht zu machen war und dass die „Schwesterparteien“ den Begriff „Rasse“ nicht aus dem Grundgesetz streichen wollen. Auch ist es uns gegen die Union nicht gelungen, Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Das finde ich erschütternd.

Ich trete ein für einen neuen Aufbruch. Wir brauchen eine Sicherheitspolitik, die innere und soziale Sicherheit konsequent zusammendenkt, eine Klimapolitik, die verknüpft ist mit einem solidarischen Ausgleich der Lasten und der Schaffung neuer Arbeitsplätze. Unser Engagement für bezahlbaren Wohnraum müssen wir weiter konsequent ausbauen.

Unseren Katastrophenschutz – das haben die Corona-Pandemie und das jüngste Hochwasser gezeigt – müssen wir dringend reformieren: Wir müssen mehr Schutzmaterial vorhalten, das Ehrenamt weiter stärken und den Bund in die Lage versetzen, bei länderübergreifenden Krisen Verantwortung zu übernehmen – das darf er bislang nicht. Das sage ich nicht nur als zuständiger SPD-Abgeordneter für Zivil- und Katastrophenschutz, sondern auch als Abgeordneter des Rhein-Sieg-Kreises, der selbst von dem verheerenden Hochwasser betroffen war und noch ist.

Um es klar zu sagen: Die Zeit der Großen Koalition muss vorbei sein – auch im Sinne der Demokratie. Eine Union in der Opposition täte dem Land gut. Ich hoffe, meine Ausführungen sind Ihnen bei Ihrer Wahlentscheidung eine Hilfe.

Mit freundlichen Grüßen

Sebastian Hartmann

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