Frage an Sören Bartol bezüglich Migration und Aufenthaltsrecht

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Sören Bartol
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Frage von Axel S. •

Frage an Sören Bartol von Axel S. bezüglich Migration und Aufenthaltsrecht

Hallo Herr Bartol,

Sie sind Abgeordneter für die SPD und damit Mitglied einer Regierungspartei.

Können Sie mir bitte erklären warum die große Koalition es für gerechtfertigt hält 40.000 Erntehelfer trotz aktueller Krise, aber jeder Vorschlag 20.000 Menschen aus der prekären Situation in Moria zu befreien kategorisch abgelehnt wird.

Überspitzt gefragt ist dir deutsche Spargelernte wichtiger als die Gesundheit der im Lager lebender?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Stiller,

Vielen Dank für Ihre Frage an mich.

Menschenleben sind nicht gegeneinander aufzuwiegen oder aufzurechnen - das wäre meiner Meinung nach zynisch.
Ich kann verstehen, dass es Ihnen paradox vorkommt, dass beide Fragestellungen zeitgleich politisch verhandelt werden - Ernthelfer*innen aus dem Ausland nach Deutschland zu holen und Geflüchteten auf den griechischen Inseln zu helfen. Allerdings sind dies zwei Vorgänge, die getrennt voneinander ablaufen und beim genaueren Hinsehen sehr wenig bis nichts miteinander zu tun haben.

Die Erntehelfer*innen wurden nach Deutschland geholt, um die Landwirtschaft zu unterstützen und zu verhindern, dass die Ernte eines gesamten Jahres auf den Feldern verrottet. Dies würde enorme finanzielle Einbußen bedeuten - und wäre dazu Lebensmittelverschwendung. Bei den Erntehelfer*innen, die nun nach Deutschland geholt wurden, muss natürlich dringend darauf geachtet werden, dass Hygienevorschriften und Abstandsregelungen eingehalten werden, um die Corona-Pandemie einzudämmen. Es handelt sich hierbei allerdings um saisonale Arbeitsmigration.
Der drohende Verlust der Ernte ist ein Problem, das in diesem Fall spezifisch Deutschland betrifft und daher nationalstaatlich gelöst werden kann und muss.

Die Evakuierung der Flüchtlingscamps ist da etwas komplizierter. Die Situation der Geflüchteten auf den griechischen Inseln ist erschreckend. Doch das Problem ist keines, das von einzelnen Nationalstaaten gelöst werden kann. Der Umgang mit Geflüchteten generell und die Hilfe für die Geflüchteten auf den griechischen Inseln im Speziellen muss europäisch gelöst werden. Er betrifft keinen Nationalstaat alleine, sondern muss gemeinschaftlich angegangen und gelöst werden - zuletzt wurde häufig von einer „Koalition der Willigen“ gesprochen. Damit waren diejenigen Länder gemeint, die zusammen Geflüchtete aufnehmen wollten. Ich finde es unsäglich, wie viele europäische Länder sich momentan dagegen sträuben, die Geflüchteten der griechischen Inseln zu evakuieren und somit eine humanitäre Katastrophe zu verhindern. Es muss endlich eine europäische Lösung für humanitäre Flüchtlingspolitik gefunden werden!
Da die angestrebte europäische Lösung nun schon so lange in der Abstimmung ist, hat sich die Bundesregierung auf Druck der SPD-Bundestagsfraktion dazu entschieden, zunächst einmal 50 Kinder aufzunehmen. Dies entbindet aber natürlich nicht von der Pflicht, eine Lösung auf EU-Ebene zu finden und die Anfang März im Koalitionsausschuss zugesagten 1500 Schutzbedürftigen in Deutschland aufzunehmen.

Ich hoffe ich konnte Ihnen die Komplexität dieses Themas aufzeigen und Ihre Frage beantworten.

Mit freundlichen Grüßen und bleiben Sie gesund
Sören Bartol

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