Frage an Stephan Thomae bezüglich Familie

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Stephan Thomae
FDP
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Frage von Holger K. •

Frage an Stephan Thomae von Holger K. bezüglich Familie

Sehr geehrter Herr Thomae,

haben Sie vielen Dank für Ihre Antworten zu den Fragen von Herrn K. und mir.

Zweifellos stellt der besprochene Vorschlag einen Fortschritt gegenüber der bisherigen Lösung dar.

Die Intention der höchstrichterlichen Beschlußfassung, nämlich die Diskriminierung, beachtend, stellt sich allerdings für mich die Frage: Warum muß es überhaupt ein Vetorecht der Mutter geben, das man ihr angeblich nicht vorenthalten könne?

Daß es Situationen gibt, in denen es nicht angeraten erscheint, dem Vater das anteilige Sorgerecht zu gestatten, stimmt zweifellos. Diese Situationen gibt es aus Sicht der Väter aber auch umgekehrt.

Sollte man dann nicht entweder völlig auf ein Vetorecht verzichten oder aber eines für beide Eltern einrichten?

Mit freundlichen Grüßen

Holger Klinke
Berlin

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Klinke,

ich komme zurück auf Ihre Nachfrage vom 15. August 2010.

I.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in seinem Beschluss vom 21. Juli 2010 folgendes festgestellt:

Die gegenwärtige Sorgerechtsregelung, namentlich in den §§ 1626a Abs. 1 Nr. 1 und 1672 Abs. 1 BGB, verstößt gegen das Elternrecht des Vaters eines außerehelich geborenen Kindes aus Art. 6 Abs. 2 GG, weil es dem Vater keine Möglichkeit einräumt, gegen den Willen der Mutter gerichtlich überprüfen zu lassen, ob es aus Gründen des Wohls seines Kindes angezeigt ist, ihm zusammen mit der Mutter die Sorge für sein Kind einzuräumen oder ihm anstelle der Mutter die Alleinsorge für das Kind zu übertragen (vgl. Ziffer 46 des Beschlusses). Ausdrücklich führt das BVerfG sogar in Ziffer 42 des Beschlusses aus, dass das Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG es nicht gebiete, Vätern nichtehelicher Kinder generell mit wirksamer Anerkennung ihrer Vaterschaft gemäß §§ 1594 ff. BGB kraft Gesetzes das Sorgerecht für ihr Kind gemeinsam mit der Mutter zuzuerkennen. Das BVerfG beanstandet in erster Linie also die fehlende Möglichkeit lediger Väter, die bisherige Sorgerechtsentscheidung gegen den Willen der Mütter gerichtlich überprüfen zu lassen. Mit der von der FDP vorgeschlagenen Widerspruchslösung würde das deutsche Sorgerecht entsprechend der Kritik des BVerfG geändert und gerechter ausgestaltet werden. Ledige Väter hätten dann überhaupt erst die Chance, gegen den Willen der Mütter das gemeinsame Sorgerecht zu erhalten.

II.

Bereits in meiner letzten Antwort habe ich Ihnen dargelegt, warum wir in meinen Augen nicht auf ein Widerspruchsrecht der Mutter verzichten können.

Darüber hinaus ist für verheiratete Eltern unter den Voraussetzungen des § 1671 BGB bereits jetzt die Möglichkeit gegeben, das alleinige Sorgerecht beim zuständigen Familiengericht zu beantragen. Diese Regelung muss künftig auch für ledige Eltern Geltung haben. Die Entscheidungen des Familiengerichts müssen sich dabei immer am Wohl des Kindes orientieren. Vor diesem Hintergrund halte ich ein von vorn herein gegebenes Vetorecht des ledigen Vaters für nicht erforderlich. Vielmehr kann er den Antrag nach § 1671 BGB stellen, wenn er die Voraussetzungen hierfür als erfüllt erachtet.

Mit freundlichen Grüßen

Stephan Thomae, MdB

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