Frage an Thomas Silberhorn bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

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Thomas Silberhorn
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Frage von Jürgen L. •

Frage an Thomas Silberhorn von Jürgen L. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Silberhorn,

vor nunmehr über fünf Jahren hat Deutschland die UN-Konvention gegen Korruption (UNCAC) unterzeichnet. Von den 140 Unterzeichnerstaaten haben die Konvention nur 11 bisher nicht ratifiziert. Zu meinem Entsetzen mußte ich erfahren, dass Deutschland dazu gehört. Beschlüsse internationaler Gremien werden bei uns normalerweise schnell umgesetzt, z. B. Maßnahmen zur Überwachung (u.a. Vorratsdatenspeicherung und Speicherung von Fluggastdaten). Nur bei der Bekämpfung der Korruption von Amtsträgern läßt man sich Zeit. Ich muß Ihnen sicher nicht verdeutlichen, welchen Eindruck dies in der Bevölkerung hinterläßt. Auch wenn die Medien hierzulande solche Mißstände gern verschweigen, gibt es genügend Organisationen, die darauf aufmerksam machen.

Vor einigen Tagen hat der Abgeordnete Wiefelspütz auf Abgeordnetenwatch Herrn Burat auf eine gleichlautende Anfrage folgendes geantwortet, ich zitiere: "nach meinem Eindruck verzögert sich die Ratifizierung der UNO-Konvention gegen Korruption vor allem wegen des Widerstandes der CDU/CSU-Bundestagsfraktion." (Zitat Ende)

Hieraus ergibt sich für mich folgende Frage:

Falls Herr Wiefelspütz die Wahrheit sagt (wovon ich ausgehe; ich würde mir niemals erlauben, das Wort eines gewählten Volksvertreters in Zweifel zu ziehen), was ist die Begründung für die Blockade in Ihrer Fraktion?

Sagt Herr Wiefelspütz hingegen nicht die Wahrheit (was mich zutiefst enttäuschen würde), worin sehen Sie die Hinderungsgründe? Wenn diese so schwerwiegend sind, dass die Ratifizierung über fünf Jahre verschleppt werden muss, warum hat man die Konvention dann überhaupt unterzeichnet?

Sie sind mein Abgeordneter, und ich gehe davon aus, dass Sie in diesem Wahljahr wieder um mein Vertrauen werben. Deshalb erwarte ich mit Spannung Ihre Stellungnahme.

Mit freundlichen Grüßen

Jürgen Lehnert

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Sehr geehrter Herr Lehnert,

dass Deutschland das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption (UNCAC) bislang nicht ratifiziert hat, hat seinen wesentlichen Grund darin, dass nach Art. 18 UNCAC Abgeordnete mit Amtsträgern gleichgesetzt werden. Diese Gleichsetzung wird aber den Besonderheiten der verfassungsrechtlichen und der tatsächlichen Stellung der Abgeordneten kaum gerecht.

Im deutschen Strafgesetzbuch (StGB) wird der unterschiedlichen Funktion von Abgeordneten und Amtsträgern dadurch Rechnung getragen, dass zwischen Straftaten im Amt (Vorteilsnahme, Bestechlichkeit, Bestechung, §§ 330 ff. StGB) und Abgeordnetenbestechung (§ 108e StGB) differenziert wird. Da als Abgeordnetenbestechung bisher nur der direkte Stimmenkauf oder -verkauf strafbar ist, muss § 108e StGB geändert werden, um die UNCAC ratifizieren zu können. Die bislang vorliegenden Vorschläge hierzu sehen allerdings eine weitgehend unreflektierte Angleichung des Straftatbestands der Abgeordnetenbestechung an die Amtsdelikte vor.

Die Sorge nicht weniger Abgeordneter - beileibe nicht nur aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und nicht nur aus dem Bundestag - besteht darin, durch eine Gleichsetzung mit Amtsträgern in der Wahrnehmung ihrer spezifischen Aufgaben als Abgeordnete massiv eingeschränkt zu werden. Aus ganz alltäglichen Kontakten von Abgeordneten mit Verbänden oder Unternehmen ließe sich leicht ein Verdacht auf Vorteilsnahme konstruieren. Ein staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren würde aber - unabhängig von seinem Ausgang - bei Abgeordneten unmittelbar zu einer erheblichen Rufschädigung führen, die zudem in Wahlkampfzeiten irreparabel sein kann. So hat etwa die Frage, ob Abgeordnete bei einem parlamentarischen Abend eines Verbandes oder Unternehmens eine Einladung zum Abendessen annehmen dürfen, in Deutschland schon Staatsanwälte beschäftigt. Dass Ermittlungsverfahren - zumal vor Wahlen - von Staatsanwälten bzw. einer weisungsbefugten Ministerialverwaltung politisch instrumentalisiert werden können, haben Kollegen, die sich völlig untadelig verhalten haben, bereits leidvoll erfahren müssen.

Vor diesem Hintergrund ist eine Ratifizierung der UNCAC derzeit noch nicht absehbar. Auch wenn bislang kein ausreichend akzeptabler Gesetzentwurf zur Änderung des § 108e StGB vorliegt, gibt es jedoch bei der Korruptionsbekämpfung in Deutschland - anders als in vielen Staaten, die die UNCAC bereits ratifiziert haben - keine nennenswerten Defizite.

Mit freundlichen Grüßen
Thomas Silberhorn

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