Welche Ursachen haben Sie für den Anstieg der Gaspreise am Großhandelsmarkt bislang ausgemacht? Was ist Ihrer Meinung nach zu tun? Sehen Sie für den Winter ein Problem mit der Gasversorgung?

Timon Gremmels
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Frage von Benedikt S. •

Welche Ursachen haben Sie für den Anstieg der Gaspreise am Großhandelsmarkt bislang ausgemacht? Was ist Ihrer Meinung nach zu tun? Sehen Sie für den Winter ein Problem mit der Gasversorgung?

Sehr geehrter Herr Gremmels,
als Energieexperte der SPD und als ordentliches Mitglied im Wirtschaftsausschuss in der vergangenen Legislaturperiode dürften Sie mit den die Nord Stream 2 betreffenden Verabschiedungen befasst gewesen sein. Besonders verwunderlich fand ich in den Debatten und Abstimmungen, dass die Tatsache, dass Deutschland bereits seit Jahren weit mehr als 40 %, seit 2018 jedenfalls ca. 70% des hiesigen Gasaufkommens aus Russland und damit der Gazprom bezieht (Monitoring Berichte des BKartA und der BNetzA), überhaupt nicht angesprochen wurde. Ist diese Beobachtung korrekt? Von Ihnen finde ich aber auch keine Stellungnahme, welche diesen kartellrechtlich ja recht bedenklichen Anteil wenigstens ansatzweise und die Implikationen für die Verbraucher im Besonderen überhaupt adressieren. Abschaltungen und hohe Gas- und Strompreise sind doch nun aktuell bestehende Risiken, die die ohnehin zu erwartenden Corona Belastungen in diesem Winter exponentiell verstärken können.

Timon Gremmels
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr S.,         

vielen Dank für Ihre Anfrage.         

Die Bundesrepublik Deutschland bezog 2020 gut 50% des importierten Erdgases aus der Russischen Föderation (Quelle: statista.de). Weitere wichtige Lieferanten sind die Niederlande und Norwegen. Die Angebotsseite wird sich weiter diversifizieren, wenn auch in Deutschland Terminals für die Anlieferung von Flüssiggas zur Verfügung stehen ("LNG-Terminals"). Ein kleiner Teil des Erdgasbedarfes kann auch durch die heimische Förderung gedeckt werden.

Beim Import von Erdgas sind verschiedene Aspekte abzuwägen. Neben den politischen Faktoren spielt auch der Preis, die Verfügbarkeit und die Umweltverträglichkeit (bspw. treten beim sogenannten "Fracking" von Flüssiggas oft weitere klimaschädliche Emissionen auf) eine entscheidende Rolle. Es ist nicht auszuschließen, dass sich die Bewertung eines Projektes über die Zeit mit den Umständen ändert. Über die Inbetriebnahme der Pipeline Nord-Stream-2 entscheidet in letzter Instanz die Bundesnetzagentur (BNetzA).

Die BNetzA wird im Laufe des ersten Halbjahrs 2022 ausschließlich auf rechtlicher und nicht auf politischer Grundlage eine Entscheidung treffen.      

Die aktuelle Preisentwicklung im Endkundenmarkt ist in erster Linie dem Preisanstieg auf dem Gasgroßhandelsmarkt geschuldet. Erstens gibt es weltweit eine sehr hohe Nachfrage, da bspw. China viel Erdgas einkauft für seine heimische Industrie. Zweitens hat die COVID-19-Pandemie dazu geführt, dass Einkäufer die benötigten Mengen stellenweise falsch kalkuliert haben. So haben einige Länder zu geringe Vorräte angeschafft und das steigert angesichts des winterlichen Wetters ebenfalls die Nachfrage. Drittens gibt es auch Probleme auf der Angebotsseite. Eines der bekannteren Beispiele hierfür ist die Pipeline Nord-Stream-2. Wie erwähnt, hat die BNetzA als verantwortliche Behörde bisher keine Lizenz dafür ausgestellt. Somit kann auch kein Gas von Russland nach Deutschland geliefert werden.

Um Gasknappheit zukünftig zu vermeiden, wäre es denkbar, ein Monitoring-System für den Füllstand der Gaskavernen zu entwickeln. Ein besserer Überblick über die Reserven würde die Planung erleichtern. Zudem wird aktuell darüber beraten, ob ein Mindestfüllniveau verpflichtend eingeführt werden sollte.

Ein akutes Problem mit der Gasversorgung wird es nicht geben. Obschon das Angebot aktuell verknappt ist, steht genug Gas zur Verfügung.

Damit sich einkommensschwächere Haushalte die gestiegenen Preise leisten können, wird ein einmaliger erhöhter Heizkostenzuschuss gezahlt. Das Wohngeld wird zum 1. Januar 2022 erstmals automatisch entsprechend der Mieten- und Einkommensentwicklung erhöht.

               

Mit freundlichen Grüßen

Timon Gremmels