Frage an Ulla Jelpke bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

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Ulla Jelpke
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Frage an Ulla Jelpke von Rhea N. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Frau Jelpke,

ich würde gerne wissen, wie sich die Wahlplakate der Linkspartei "Raus aus Afghanistan" und "Gleicher Lohn für Frauen" vereinbaren lassen.

Ich verstehe nicht, wie man darauf bestehen kann, dass sich die Bundeswehr aus Afghanistan zurückzieht, wenn man bedenkt auf welche Art und Weise Frauen dort noch immer unterdrückt werden (s. neues Ehegesetz) und gleichzeitig mit der Gleichberechtigung für Frauen in Deutschland werben kann. Wie gedenkt die Linkspartei solchen Missständen wie in Afghanistan entgegen zu wirken?

Mit freundlichen Grüßen Rhea Niggemann

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DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Niggemann,

die Gleichberechtigung der Frau gehört für mich zu den Selbstverständlichkeiten einer linken Politik - genau so wie die Ablehnung von Kriegseinsätzen.
Ich sehe hierin keinen Gegensatz, schließlich habe ich nie gesagt, dass ich einen Krieg legitim fände, um gleiche Löhne durchzusetzen.

Ihre Fragestellung setzt voraus, dass Sie glauben, der Krieg in Afghanistan bringe für Frauen Fortschritte. Das halte ich für einen schwer wiegenden Irrtum. (Und selbst wenn es so sein sollte: Würde das wirklich einen Krieg rechtfertigen, in dem laut Angaben der UNO die Besatzungstruppen im vergangenen Jahr eintausend Zivilisten umgebracht haben? In dem weit mehr Menschen verletzt, verstümmelt und obdachlos werden?)

Sie verweisen selbst auf das frauenfeindliche Ehegesetz, das die afghanische Regierung geplant hatte. Das ist genau jene Regierung, die von der bewaffneten Macht der Besatzer gestützt wird, jene Regierung, die angeblich die "mittelalterlichen" Taliban abgelöst hat.
Lassen Sie mich dazu die afghanische Frauenrechtsorganisation RAWA zitieren:

"´Der Krieg dem Terrorismus" hat die Taliban beseitigt, doch es hat nicht die religiösen Fundamentalisten beseitigt, die der Hauptgrund all unseres Elendes sind. Wir, RAWA, sind der Ansicht, dass es einen vollkommen anderen Ansatz verlangt um diese Übel zu beseitigen. Indem die US den Bandenbossen zur Macht in Afghanistan verholfen haben, haben sie letztendlich lediglich ein fundamentalistisches Regime durch ein anderes ersetzt." (www.rawa.org)

Mit anderen Worten: Für Frauen ist die Situation ähnlich miserabel wie zuvor. Zwar konnte eine Frau wie Malalay Joya ins afghanische Parlament gewählt werden - doch aufgrund ihrer frauenpolitischen und antimilitaristischen Positionen wurde sie kurzerhand suspendiert. Joya gibt sich keinen Illusionen hin: Wenn die Nato sagt, sie führe in Afghanistan einen Krieg zur Verteidigung oder Erringung von Frauenrechten, ist das nur ein Vorwand. Ihre Kollegin, die Frauenrechtlerin "Zoya", äußert kurz und bündig: "Es gibt keine Frauenbefreiung, solange das ganze Land im Schatten von Soldaten und Warlords steht." (junge Welt, 20. 9. 2008)

DIE LINKE fordert, die Bundeswehr aus Afghanistan zurückzuholen. Unsere Solidarität gilt denjenigen Frauen und Männern, die in Afghanistan gewaltfreien Widerstand gegen die verschiedenen Formen der Unterdrückung leisten. Unsere Fraktion hatte schon mehrfach Malalay Joya, Zoya und andere afghanische Politiker/innen eingeladen.
Es gibt in Afghanistan zahlreiche Frauenprojekte im Bildungs- und sozialen Bereich, in Landwirtschaft und Friedensarbeit, Mediationsprojekte usw. Die Fraktion DIE LINKE fordert, solche Projekte, die bislang von der "internationalen Gemeinschaft" zugunsten der Machthaber und ihrer warlords ignoriert werden, zu unterstützen.

Mit freundlichen Grüßen

Ulla Jelpke