Frage an Ute Vogt bezüglich Verkehr

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Ute Vogt
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Frage von Sigfrido H. •

Frage an Ute Vogt von Sigfrido H. bezüglich Verkehr

Sehr geehrte Frau Vogt,

Bei Großprojekten innerhalb der Privatwirtschaft auch mit langen Planungsabläufen ist es für Lieferanten undenkbar, Kosten um 60 oder 70% einfach so anzuheben. Es drohen der Rauswurf aus dem Projekt oder Konventionalstrafen oder Stopp durch Kostenexplosion..

Staatliche Auftraggeber (Bund, Bahn, Land, Stadt), hier von Stuttgart 21 nehmen es aber seelenruhig hin, dass die Kosten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit explodieren werden. Der Bundesrechnungshof bleibt ungehört, der Landesrechnungshof glänzt durch Abwesenheit. Staatliches controlling, so mein Eindruck ist ungewollt. Dann beschwert sich der Bürger auch über die horrenden Kosten und wird mit politisch gewollter Polizeigewalt eingeschüchtert und verprügelt.

In mehreren Berichten des investigativen Journalismus (Financial Times Deutschland, Frontal 21, Der Spiegel) wird erwähnt, dass sich die Kosten im zweistelligen Milliardenbereich ansiedeln werden. Die Zeitschrift Stern spricht sogar von verschwiegenen Unwägbarkeiten. Die genannten Medien haben schon in der Vergangenheit mit ihren fundierten Rechercheergebnissen für Transparenz gesorgt.

Wie können Sie mir als Bürger die Befürchtung nehmen, dass es bei dem Grossprojekt Stuttgart 21 `nicht mit rechten Dingen´ zugeht? Wir befinden uns in der schlimmsten Finanzkrise seit Bestehen der Bundesrepublik und jeder ungerechtfertigte Euro mehr an Staatsausgaben, ist nicht hinnehmbar.

Stuttgart 21 ist für 2 Mrd. Euro (absolute Preisgarantie) nicht zu realisieren? Dann muss es gestoppt werden, es ist uns teuer, wir brauchen nicht noch ein Faß ohne Boden. Schließlich haben wir ja noch die 190 Mrd. für die HRE zu bezahlen. Mit diesen Geldern könnten wir hunderte von versifften Bahnhöfen herrichten und Schienen instandsetzen statt Prunkbauten zu errichten.

Mfg. S. Hartwig

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Sehr geehrter Herr Hartwig,

vielen Dank für Ihre Anfrage zur Kostenentwicklung beim Bahnprojekt Stuttgart 21.

Dass ein derart wichtiges und großes Vorhaben teuer ist, ist nicht von der Hand zu weisen. Allerdings relativieren sich die Kosten, wenn man von einer Bauzeit von ca. 10 Jahren ausgeht über die sich die Ausgabe der Mittel verteilt. Dass der Bahnknoten Stuttgart saniert werden muss, steht außer Frage. Selbst der Erhalt des jetzigen Zustandes würde in die Milliarde(n) gehen, denn der gesamte Unterbau der Gleisanlagen ist marode.

Im Dezember 2009 wurde ein Finanzbedarf von 4,088 Milliarden Euro für Stuttgart 21 festgestellt. Die genaue Kostenkalkulation dazu ist auf der Internetseite zum Projekt zu finden. Hier eine Auflistung wie sich die Kosten verteilen:

Die 4,088 Milliarden Euro des Projekts für Stuttgart 21 teilen sich wie folgt auf:

• Deutsche Bahn AG: 1.469 Millionen Euro
• Bund: 1.229,4 Millionen Euro
• Land: 823,8 Millionen Euro
• Landeshauptstadt Stuttgart: 238,5 Millionen Euro
• Flughafen Stuttgart: 227,2 Millionen Euro
• Verband Region Stuttgart: 100 Millionen Euro

Der Bericht des Bundesrechnungshofs (BRH) war bereits vor vielen Monaten Thema. Allerdings war er nicht sehr gut recherchiert. Er beinhaltete einige offensichtliche Fehler. Zum Beispiel erkannte der BRH nicht, dass die Bahn in ihre Finanzierungsberechnungen bei Stuttgart 21 eine Risikoabdeckung für Preissteigerungen bereits mit in die Gesamtkosten eingerechnet hat. Dieses Vorgehen ist selten, denn üblicherweise gilt bei allen Finanzierungsvereinbarungen des Bundes, dass die Gesamtfinanzierung als gesichert gilt, noch ohne die auftretenden Preissteigerungen in diesem Stadium einzuberechnen. Auch ging der BRH davon aus, dass z.B. bei Flughafenbahnhof, Neubaustrecke und Abstellanlagen in der Finanzierungsvereinbarung noch nicht alle zu realisierenden Leistungen abgedeckt seien. Dies konnte berichtigt werden, da diese Bestandteile des Projektes in der Finanzierung enthalten sind.

In einem aktuellen Schreiben des Bundesverkehrsministeriums an den Verkehrsausschuss des Bundestages vom 27. September 2010 wird noch einmal darauf verwiesen, dass der Kostenrahmen nicht erreicht oder gar überschritten wurde. Hier ein Auszug aus dem Schreiben:

Kosten für Stuttgart 21

Die aktuelle Kostenkalkulation der DB AG hat für Stuttgart 21 Gesamtprojektkosten i.H.v. 4.088 Mio. € ergeben. Darin sind neben Bau- und Planungskosten auch inflationsbedingte Kostensteigerungen der Zukunft enthalten. Der von der DB AG angesetzte Kostenrahmen von 4.526 Mio. € wird nicht erreicht oder gar überschritten. Die Mehrkosten gegenüber den ursprünglich kalkulierten 3.076 Mio. € werden über die bereits vereinbarte Risikovorsorge i.H.v. 1.450 Mio. € ausgeglichen. Es verbleibt noch ein Risikoschirm von 438 Mio. €. Aufgrund dieser Kostenkalkulation ist die Entscheidung zugunsten Stuttgart 21 durch den Lenkungskreis am 10.12.2009 endgültig getroffen worden. Das Vorhaben wurde am 02.02.2010 offiziell begonnen.

Sehr geehrter Herr Hartwig, ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesen Informationen Ihre Befürchtungen bezüglich des Bahnprojektes Stuttgart 21 nehmen.

Herzliche Grüße

Ute Vogt