Ist geplant die Kernfusion in den kommenden Jahren, auch aufgrund neuster Ereignisse, stärker in den Fokus zu stellen, um unabhängiger von Energielieferanten wie Russland zu werden?

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Frage von Amon S. •

Ist geplant die Kernfusion in den kommenden Jahren, auch aufgrund neuster Ereignisse, stärker in den Fokus zu stellen, um unabhängiger von Energielieferanten wie Russland zu werden?

Sehr geehrter Hr. Ulrich,
ich bin Schüler der 12. Klasse und mitten im Abitur. Als Präsentationsprüfung wählte ich das Thema der Kernfusion, insbesondere den Stellarator Wendelstein 7-X in Greifswald. Falls Sie zu dessen weiterer Finanzierung auch eine Aussage treffen können, wäre das phänomenal.
Mit freundlichen Grüßen
A.G. S.

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Sehr geehrter Herr S.,

vielen Dank für ihre Frage bezüglich der Thematik der Kernfusion und der damit verbundenen Möglichkeit der Energieunabhängigkeit der EU von Russland.

Vorab: Als Abgeordneter, der im Europa- und Wirtschaftsausschuss des Bundestags sitzt, sind mir nur die Summen bekannt, die auf EU-Ebene über den EU-Haushalt in Fusionsenergie investiert werden sollen. Dies geschieht über den Euratom-Haushaltsposten. Euratom wurde 1957 als eigenständige Organisation mit dem Ziel, die Bildung und Entwicklung von Kernenergie in Europa zur Sicherung der Energieversorgung voranzutreiben, gegründet. Sie ist jedoch strukturell, da sie auf dem institutionellen Dreieck Rat, Kommission und Europäisches Parlament fußt, und eben finanziell, dadurch dass ihr Haushalt Bestandteil des Haushalts der EU ist, mit der EU verflochten.

Um ihre Frage zu beantworten, möchte ich also zunächst auf die Haushaltsmittel von Euratom für die Jahre 2021 bis 2025 hinweisen. Darin sind von dem gesamten Haushalt von 1,38 Mrd. € beträchtliche 583 Mio. € für indirekte Maßnahmen in Bezug auf Fusionsforschung und –entwicklung vorgesehen. Ein weiterer Sonderhaushalt für den Internationalen thermonuklearen Experimentalreaktor (ITER), ein Kernfusionsprojekt, stellt für den Zeitraum 2021-2027 5,6 Mrd. € (!) bereit. Aus Sicht von Euratom spielt die Kernfusion also eine immens wichtige Rolle für die Zukunft der Energieversorgung der Europäischen Union. Zweifelsohne sehen einige Beobachter hierin die Chance, durch „moderne“ Atomenergie sich von der Energieabhängigkeit von Russland zu lösen.

Dies ist allerdings nicht meine Position. Ich bin strikt gegen den Einsatz von Atomenergie und fordere den sofortigen Ausstieg aus dieser hochgefährlichen Technologie. Auch bin ich für die Auflösung des Euratom-Vertrags, dafür setze ich mich seit langem im Bundestag ein. Die Technologie der Kernfusion lehne ich im speziellen ab: Sie ist sehr teuer und kann kommerziell frühestens in 30-40 Jahren betrieben werden. So ist z.B. die ursprüngliche Kostenkalkulation von ITER, seit 1988 (!) in Planung und seit 2007 im Bau befindlich (unterstützt durch die EU, USA, China, Südkorea, Japan, Russland und Indien), inzwischen um weites überstiegen.

Stattdessen gibt es meiner Meinung nach nur einen Weg in die nachhaltige und schnelle Unabhängigkeit der Energieversorgung: Die sofortige Investition in erneuerbare Energien und ein damit einhergehender massiver Ausbau dieser. Es darf kein Zurück in die Atomenergie geben, deren Ausstieg schon längst beschlossen ist.

Mit solidarischen Grüßen

Alexander Ulrich

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