Frage an Andrea Lindholz bezüglich Recht

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Andrea Lindholz
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Frage von Jörn-Derek G. •

Frage an Andrea Lindholz von Jörn-Derek G. bezüglich Recht

Abwägung der Corona-Maßnahmen

Guten Tag Frau Lindholz,

mit den zu erwartenden ansteigenden Erkrankungszahlen (oder definierten Fälle) im Herbst werden nun von der Bundesregierung und von den Ministerpräsidenten wieder eine Vielzahl einschneidender Maßnahmen ausgerufen, die das soziale und wirtschaftliche Leben fast aller Bürger massiv betreffen werden.

Aussagen von Fachleuten lassen erwarten, dass das Beendigen der „Epidemischen Lage nationaler Tragweite“ wohl gut und gerne erst 2022 erfolgen wird; vor allem hier im Zusammenhang mit dem voraussichtlichen Abschluß der angestrebten Impfmaßnahmen.

Meine grundsätzliche Frage an Sie ist nun:
In wieweit habe Sie (oder ihre Fraktion) die Alternativlosigkeit dieser Maßnahmen und, falls klar erkennbar, der zugrundeliegenden Strategie, überprüft ?

Ich möchte mich bei der Beschreibung eines Alternativmodels an der Great Barrington Declaration orientieren: Risikogruppen-Schutz (bei deren Wunsch), die tatsächliche Belastungsgrenze des Gesundheitssystems als akzeptable Grenze für angemessene Verbotsmaßnahmen, normale Hygienemaßnahmen für alle. Risikogruppen waren schon seit Ende Januar definierbar und die frühe Heinsberg-Studie hält in wichtigen Punkten bis jetzt.

Also konkret:
Wie haben Sie sich ein Bild gemacht, ob die anfangs durchgeführten und nun, in anderer Reihenfolge, wiederholten Maßnahmen angemessen waren/sind; vor allem unter Beachtung der Vorgaben des Grundgesetzes und des Rechtsgrundsatzes der Verhältnismäßigkeit ?

Gern würde ich erfahren,
• welche Anfragen Sie (oder ihre Fraktion) hierzu an die Bundes/Landesregierung gestellt haben,
• welche Antworten es hierzu gab, und
• welche Studien Sie (oder ihre Fraktion) ggf. selbst beauftragt haben, falls die Bundes/Landesregierung nicht oder nicht ausreichend geantwortet hat
Das Parlament als Vertretung des Souveräns war schon seit Monaten in der Pflicht, hier zu hinterfragen und ggf. zu handeln.

Mit freundlichen Grüßen,
Jörn-Derek Gehringer

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Sehr geehrter Herr Gehringer,

der gesamte Bundestag und meine Fraktion befassen sich seit März mit keinem anderen Thema so intensiv wie mit der anhaltenden Corona-Pandemie. Einen Eindruck davon wie intensiv sich der Bundestag mit diesem Thema beschäftigt, liefert folgender Link, unter dem Sie relevante Parlamentsmaterialien einsehen können:

https://www.bundestag.de/dokumente/parlamentsdokumentation/dossier#GesetzesinitiativenderKoalitionsfraktionen

Zudem habe ich wie viele andere Kollegen auch diverse Rechercheaufträge u.a. auch an den Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages gestellt, der ein sich stetig erweiterndes Dossier zur Corona-Pandemie aufbaut. Damit können wir Parlamentarier uns über die vielschichtigen ökonomischen, sozialen, ökologischen, rechtlichen und sicherheitspolitischen Implikationen dieser Pandemie informieren. Mich interessiert dabei insbesondere die Ansätze der asiatischen Länder, die Stand heute deutlich erfolgreich bei der Eindämmung des Virus sind als Europa, USA oder Australien.

Den von Ihnen angesprochenen Schutz von Risikogruppen halte ich ebenfalls für entscheidend, um das Virus dauerhaft einzudämmen. Allerdings überzeugt mich der hinter der Great Barrington Declaration stehende Ansatz einer "Herdenimmunität" nicht. Eine unkontrollierte Ausbreitung des Virus hätte mangels durchschlagender Medikamente und Impfstoffe zwangsläufig eine Überlastung unseres Gesundheitssystems, sowie unkalkulierbare Langzeitfolgen für Millionen genesener Covid-19 Patienten zur Folge. Kein mir bekanntes Land der Welt verfolgt diesen Ansatz. Ein solches Experiment könnte ich schon allein angesichts von Millionen Menschen, die allein in Deutschland zu einer "Risikogruppe" gehören, nicht mit meinem Gewissen vereinbaren.

https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/117444/SARS-CoV-2-Experten-streiten-ueber-Herdenimmunitaet-als-Strategie

Seien Sie versichert, dass ich mir der Tragweite der von Bundesregierung und Ministerpräsidenten beschlossenen Maßnahmen sehr wohl bewusst bin. Ich trage sie nur schweren Herzens mit und hätte mir an mancher Stelle mehr Zielgenauigkeit, mehr Einheitlichkeit und mehr Planungssicherheit für die Betroffenen gewünscht. Dennoch ist mir klar, dass angesichts der flächendeckend ansteigenden Fallzahlen und der faktisch nicht mehr möglich Kontaktnachverfolgung nur noch einschneidende Maßnahmen die unkontrollierte bzw. exponentielle Ausbreitung des Virus brechen können. Gleichwohl sehe ich einen erheblichen Nachholbedarf bei der Entwicklung einer langfristigen Strategie im Umgang mit diesem Virus bzw. dieser Pandemie.

Mit freundlichen Grüßen

Andrea Lindholz MdB
Vorsitzende des Ausschusses für Inneres und Heimat

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