Frage an Anke Domscheit-Berg bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Portraiaufnahme von Anke Domscheit-Berg mit rotem Hut
Anke Domscheit-Berg
DIE LINKE
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Frage von Wolfgang P. •

Frage an Anke Domscheit-Berg von Wolfgang P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Domscheit- Berg,
bitte schreiben Sie mir, ob Sie für Dublin IV sind und wenn nein, was Sie dagegen unternehmen.
Danke und freundliche Grüße
W. P.

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr P.,

natürlich bin ich gegen das aktuelle Dublin III - und erst recht gegen das geplante Dublin IV-System!
"Dublin" steht für ein im Kern ungerechtes Verteilungssystem, das Ersteinreisestaaten wie Griechenland, Spanien und Italien einseitig die Aufgabe der Flüchtlingsaufnahme und -versorgung zuweist. Zugleich werden Schutzsuchende mit Gewalt und gegen ihren Willen innerhalb Europas hin- und hergeschickt. Das ist ein unwürdiges, ungerechtes und nicht praktikables System!
Dass Dublin gescheitert ist, wurde auch von der Bundeskanzlerin festgestellt. Aktuelle Pläne der EU-Kommission und der EU-Mitgliedstaaten gehen leider dahin, das ungerechte Verteilungssystem künftig mit aller Macht durchsetzen zu wollen: Die formelle Zuständigkeit - im Regelfall soll das immer noch der Ersteinreisestaat sein - soll künftig für den Zeitraum von etwa acht Jahren gelten, bislang ging die Zuständigkeit nach Ablauf einer 6 bzw. 18-Monatsfrist auf den aktuellen Aufenthaltsstaat der Schutzsuchenden über. Die Praxis des Kirchenasyls würde mit der Neuregelung in vielen Fällen faktisch unwirksam. Geflüchtete in einem "unzuständigen" Staat sollen künftig mit den Mitteln der Leistungskürzung oder gar der Einstellung sämtlicher Hilfsleistungen zur Ausreise gezwungen werden - das ist ein rechtsstaatswidriges Vorgehen, das gegen die Menschenwürde verstößt und mit Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts unvereinbar ist!

DIE LINKE. fordert stattdessen, wie auch viele unabhängige Verbände, Flüchtlingsräte und Wohlfahrtsorganisationen, ein "free choice"-System: Schutzsuchende sollen sich ihr Aufnahmeland, entsprechender familiärer Bindungen, vorhandener Sprachkenntnisse usw., selbst aussuchen können. Unterschiedliche Aufnahmequoten sollten vor allem auf finanzieller Ebene ausgeglichen werden. Wir fordern zudem einen EU-Hilfs-Fonds, mit dem besonders aufnahmebereite Städte, Kommunen und Regionen mit EU-Mitteln besonders finanziell und strukturell unterstützt werden. Investitionen in die Infrastruktur dieser Regionen sollen allen Bewohnerinnen und Bewohnern zugutekommen, auch um die Aufnahmebereitschaft in der Bevölkerung zu stärken.
Es freut uns, dass die gemeinsame Positionierung innerhalb des EU-Parlaments zum Dublin-System viele dieser Aspekte eines anderen Verantwortungsteilungssystems enthält: Insbesondere familiäre Bindungen und begründete individuelle Wünsche sollen systematisch, frühzeitig und umfassend berücksichtigt werden bei der Ermittlung des zuständigen Mitgliedstaates. Leider setzen die meisten EU-Regierungen im EU-Rat - bei allen grundlegenden Unterschieden zur Frage eines Verteilungssystem - weiterhin unverändert auf ein Zwangssystem, das die grundlegenden Interessen der Geflüchteten missachtet und absehbar zu einer weiteren Entrechtung und einer Schwächung des Flüchtlingsschutzes in Europa führen wird.

Dagegen setze ich mich und setzen sich DIE LINKE. im Bundestag und die linke Fraktion im Europäischen Parlament mit vielen Protesten, Initiativen und Gegen-Vorschlägen ein.

Mit freundlichen Grüßen
Anke Domscheit-Berg

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