Frage an Aydan Özoğuz von Heike R. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau Özoguz,
Putin hat die Krim völkerrechtswidrig besetzt. Ohne Bombardements und Vertreibungen, zumindest war öffentlich, selbst in der BILD, davon nichts zu finden.
Merkel setzte initiierte ein Embargo, was letztendlich nur der einfachen russischen Bevölkerung massiv schadet.
Erdogan führt einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg, mit Bombardements und Vertreibungen im voher befriedeten Nordsyrien. Er ist der Agressor, der in ein anderes Land eingefallen ist.
Wo bleibt die Embargopolitik der Kanzlerin und der GroKo? Wo bleiben harte Konsequenzen? Oder dürfen wir Erdogan nicht "verärgern" weil er NATO Mitglied ist? Konnten wir Putin mit Embargo belegen, weil er uns nicht mit Flüchtlingsströmen erpressen konnte?
Frau Özoguz, warum dieses zweierlei Maß in Merkels und Maas Politik?
Wann wird Erdogan massiv in die Schranken gewiesen? "Besorgetes Beobachten" ist doch lächerlich.
Können Sie sich vorstellen, dass diese Art von Politik der GroKo mit dazu führt, dass die AFD erstarkt? Das die AFD nur Profiteur vom Versagen unserer s.g. "bürgerlichen Mitte" ist ?
Mit freundlichem Gruß
Heiker Rogall
Sehr geehrte Frau Rogall,
vielen Dank für Ihre erneute Frage. Ich verstehe Ihren Unmut darüber, dass die ergriffenen Maßnahmen und getätigten Äußerungen in verschiedenen Fällen (sie verglichen in Ihrer vorigen Frage bereits den sogenannten Tiergarten-Mord mit der Ermordung des iranischen Generals Soleimani) ein ungleiches Bild des außenpolitischen Handelns zeichnen. Ein direkter Vergleich der türkischen Politik in Syrien mit der russischen Politik in der Ukraine blendet jedoch viele Faktoren und Unterschiede der Konflikte aus.
Außenpolitik, Diplomatie und der Umgang mit kriegerischen Auseinandersetzungen sind ein höchst komplexes und sensibles Feld. Maßnahmen, die in einem Fall Wirkung erhoffen lassen, tun dies nicht notwendigerweise in jedem anderen ähnlichen Fall. Natürlich spielen auch multilaterale Bündnisse eine Rolle für das Handeln Deutschlands. Es ist eingebettet in das kollektive Handeln im Rahmen der UN, der EU und auch der NATO. Diese Bündnisse gilt es, auch in schwierigen Zeiten zu stärken und nicht zu schwächen. Deutschland setzt sich im Kreise seiner Partner für einen kohärenten Umgang mit der Türkei ein und thematisiert bilateral gegenüber der Türkei auch kritisch die Achtung internationaler Standards bei Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechten und dem Völkerrecht. Diplomatie, insbesondere wenn es um die Befriedung von Konflikten geht, bedarf klarer Worte, die aber nicht zwingend an die Öffentlichkeit gelangen müssen.
Ungeachtet dessen hat Bundesaußenminister Maas wie auch wir Abgeordneten die türkische Militäroperation im Oktober 2019 in Nordostsyrien unmissverständlich verurteilt und umgehend auf eine Beruhigung der Lage hingewirkt (hier finden Sie meine Rede dazu im Deutschen Bundestag: https://dbtg.tv/fvid/7395012). Alle EU-Staaten haben sich zudem verpflichtet, auf eine Lieferung von Waffen an die Türkei zu verzichten, wenn diese in Syrien eingesetzt werden könnten.
Zur AfD möchte ich nur folgendes anmerken: Sie hat sich ausgerechnet mit Vertretern des syrischen Machthabers Assad getroffen. Übrigens mit keiner anderen Konfliktpartei dort unten. Das entspricht nicht meinem Verständnis sensibler, friedensorientierter Außenpolitik.
Mit freundlichen Grüßen
Aydan Özoğuz
Mitglied des Deutschen Bundestages