Wie stehen Sie zu der Forderung, dass auf Wahllisten abwechselnd Frauen und Männer gesetzt sein sollen?

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Canan Bayram
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Frage von Alexander W. •

Wie stehen Sie zu der Forderung, dass auf Wahllisten abwechselnd Frauen und Männer gesetzt sein sollen?

Ich befürchte, dass eine solche Regelung eher Diskriminierungen fördert. Denn um eine Gerechtigkeit zu gewährleisten, müssten die Parlamente mit Personen hinsichtlich geschlechtlicher Identität, sexueller Orientierung, Alter, kultureller und ethnischer Herkunft, Relegionszugehörigkeit etc. gemäß der Demografe ihrer Bevölkerung besetzt werden. Da mir dies als unlösbare Aufgabe erscheint, sollte ein Parlament meiner Auffassung nach ausschließlich aufgrund der Wählerstimmen für eine Liste bzw. Einzelbewerber*innen besetzt werden, für die sich die Wähler*innen auf Basis der politischen Positionen und Kompetenzen der Bewerber*innen entschieden haben. Sind Sie nicht auch der Meinung, dass die Abgeordneten nicht unabhängig von ihrem eigenen Geschlecht alle ihre Wähler*innen bzw. Bürger*innen unabhängig von deren Geschlecht vertreten sollten und nicht das Geschlecht von Bewerber*innen wichtiger ist als ihre Kompetenz?

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Sehr geehrter Herr W.

Vielen Dank für Ihre Frage.

Frauen machen die Hälfte der Bevölkerung aus, haben aber nicht die Hälfte der Macht. Die Gleichberechtigung der Geschlechter muss in den demokratischen Auftrag einbezogen werden. Denn gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern ist offensichtlich kein Selbstläufer: Im derzeitigen Bundestag liegt der Frauenanteil nur bei 31 Prozent - so niedrig wie zuletzt vor 19 Jahren. Wir müssen die historisch gewachsenen Ausschlussmechanismen erkennen und aktiv bekämpfen.
100 Jahre nach der Einführung des Frauenwahlrechts ist in keinem deutschen Parlament eine gleichberechtigte Vertretung von Frauen und Männern gelungen. Das schadet unserer Demokratie. Deswegen sollte eine Kommission aus Sachverständigen und Abgeordneten Empfehlungen dazu erarbeiten und dem Parlament vorlegen, wie man dieses Problem verfassungsfest lösen könnte. Leider wurde diese Initiative in der laufenden Legislaturperiode von SPD und CDU/CSU blockiert.
Diese Blockade schadet den Frauen und der Demokratie. Es ist höchste Zeit für verbindliche Regelungen, die den Frauenanteil im Bundestag dem Anteil an Frauen in der Bevölkerung anpassen.

Mit freundlichen Grüßen

Canan Bayram

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