Frage an Daniel Lede Abal bezüglich Arbeit und Beschäftigung

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Daniel Lede Abal
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Joachim L. •

Frage an Daniel Lede Abal von Joachim L. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Lieber Daniel,
eine Frage zur Lehrer*innen-Einstellungspolitik des Landes: Trotz 10 Jahren grüner Ministerpräsidentschaft und grüner Finanzministerin besteht die Praxis weiter, Referendar*innen, die am Ende ihres Referendariats eine Einstellungszusage für das kommende Schuljahr erhalten haben, Ende Juli zu kündigen und sie erst zum ersten Unterrichtstag des neuen Schuljahres einzustellen. Diese Praxis ist von den Grünen (und der SPD) als Oppositionspartei immer scharf kritisiert worden, um sie als Regierungspartei dann einfach fortzuführen. Wirst du dich dafür einsetzen, dass Referendar*innen, die eine Einstellungszusage erhalten haben, in Zukunft ohne Unterbrechung weiterbeschäftigt werden?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr L., lieber Joachim,

vielen Dank für das Schreiben und diese Frage, weil sie gleich mehrere Probleme auf einmal aufwirft.

Ich habe als Abgeordneter – mit einigen Kolleg*innen, das der Vollständigkeit halber – das Thema mehrfach gegenüber dem Kultusministerium vorgebracht. Das Kultusministerium hat sich leider viele Jahre für diese Frage nicht wirklich interessiert. Es hängen aber ein paar dienstrechtliche Fragen daran, deshalb ist es sich nicht ganz so einfach, aber wir sind inzwischen ein Stück weiter.

Wenn Referendar*innen eingestellt werden, kommt es sehr darauf an, was für einen Vertrag sie erhalten. Ich stelle hier mal drei Konstellationen vor:

1) Wenn fertig ausgebildete Lehrkräfte eine Stelle zum Start des neuen Schuljahres antreten, dann gehe ich davon aus, dass es sich um eine reguläre Lehrer*innenstelle im Stellenplan des Kultusministerium handelt. Im Stellenplan sind unbefristete Verträge im Angestellten- oder im Beamtenverhältnis, also gibt es auch keine Probleme mit Ferien.

2) Die Situation ist allerdings anders, wenn eine Lehrkraft in einem laufenden Schuljahr beginnt. Auch hier ist grundsätzlich möglich, dass es sich um eine Stelle im Stellenplan handelt.

Es kann aber auch sein, dass sich um eine sogenannte Sachmittelstelle handelt. Das sind Gelder, die etwa Schulen schuljahresweise zu Verfügung stehen und für Sachmittel vorgesehen sind. Sachmittel können aber auch Lehrkräfte sein, die etwa aufgrund von krankheitsbedingten Ausfällen von der Schule eingestellt werden. Sehr häufig werden solche Stellen mit Personen besetzt, die bei den Besetzungsverfahren zum Schuljahresbeginn nicht berücksichtigt wurden oder im laufenden Schuljahr die Lehrer*innenausbildung abgeschlossen haben. Solche Verträge können nur befristet abgeschlossen werden und sie enden mit dem Schuljahr. Allerdings können sich diese Personen natürlich auf frei werdende Stellen und Stellenausschreibungen bewerben.

Das ist zugegebenermaßen keine besonders schöne Situation, aber eine Situation, die viele Menschen beim Berufseinstieg erleben. Ich habe mich mit anderen dafür eingesetzt, dass gerade mit Blick auf den Lehrkräftemangel in Baden-Württemberg (derzeit in allen Schultypen außer dem Gymnasium) das Kultusministerium diese Situation nicht verschläft und die Gelegenheit nutzt, alle Lehrkräfte, die in dieser Situation sind, vom Kultusministerium aus anzuschreiben und ihnen ein konkretes Stellenangebot vorzulegen. Wir brauchen diese Lehrkräfte sehr dringend an unseren Schulen. Das hat das Kultusministerium nach eigenen Angaben auch getan, ich kenne auch keine Beschwerden darüber. So konnten einige Stellen besetzt werden, auch „reguläre“ Stellen. Ich hoffe auch, dass das Kultusministerium künftig klug genug ist, allen im laufenden Schuljahr nachverpflichteten Lehrkräften auch gleich ein Übernahmeangebot für die Zukunft zu machen.

Allerdings haben lange nicht alle der Angeschriebenen das Angebot auch angenommen. Das hat sicher im Einzelfall gute persönliche Gründe, aber es gibt einige Lehrkräfte, die das Angebot abgelehnt haben, weil ihnen die angebotene Schule zu weit entfernt war. Und nicht in jedem Fall ist das dann nachvollziehbar, ich habe darüber auch mit der Schulverwaltung länger diskutiert.

3) Nicht gelöst hat das Kultusministerium bislang die Situation der sogenannten „Nichterfüller“. Das sind Lehrkräfte, die rein formal die Voraussetzungen als Lehrkraft nicht erfüllen, etwa weil sie Quereinsteiger sind, kein zweites Staatsexamen vorweisen können oder eine in Baden-Württemberg unzureichende Fächerkombination vorweisen. „Nichterfüller“ erhalten schuljahresbezogene befristete Verträge, die mit dem Beginn der Sommerferien enden. Gleichzeitig brauchen wir diese Lehrkäfte aber unbedingt, weil wir sonst den Schulbetrieb gar nicht aufrecht erhalten könnten und wir haben Menschen, die inzwischen seit deutlich über zehn Jahren jedes Jahr im Sommer arbeitslos werden. Das ist völlig inakzeptabel. Aus meiner Sicht ist die Frage, ob „Nichterfüller“ in den Schuldienst übernommen werden sollten, eigentlich spätestens ab dem dritten Vertrag geklärt und die Kultusministerium sollte sich dann auch nicht mehr hinter Formalitäten verstecken. Das Ministerium hat die Verantwortung, Fort- und Weiterbildung anzubieten und den Betroffenen die Möglichkeit zu geben, vom „Nichterfüller“ zum „Erfüller“ zu werden. Ohne diese nachgeholte Qualifizierung kann nach Auskunft des Kultusministeriums eine Bewerbung für „reguläre“ Stellen nicht berücksichtigt werden.

Wir haben das Kultusministerium mehrfach aufgefordert, das Problem zu lösen. Ich finde völlig in Ordnung, dass diese Lehrkräfte, die eben keine ausgebildeten Lehrer*innen sind, nach Prüfung und Einstellung durch die Schulverwaltung unterrichten. Wenn sie sich nicht bewähren, sollten sie nicht weiter unterrichten. Wenn sie sich bewähren, dann müssen sie die Perspektive erhalten, sich für eine „reguläre Stelle“ fortbilden und bewerben zu können. Dienstrechtlich muss das Kultusministerium die notwendigen Qualifizierungen organisieren und durchführen. Das ist trotz entsprechender Zusagen bislang nicht erfolgt, das hat Gründe: das Kultusministerium hat den Bereich der Qualitätsentwicklung sowie Fort- und Weiterbildung reformiert und neu organisiert; ich hoffe sehr, dass jetzt die dringend erwarteten Angebote auch bald angeboten werden.

Mit freundlichen Grüßen

Daniel Lede Abal

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