1. Im Gegensatz zu anderen Ländern dürfen in DE Gerichtsprozesse nicht live im Fernsehen übertragen werden. Finden Sie das gut oder nicht gut? 2. Sollte der § 146 GVG abgeschafft werden oder nicht?

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Frage von Erhard J. •

1. Im Gegensatz zu anderen Ländern dürfen in DE Gerichtsprozesse nicht live im Fernsehen übertragen werden. Finden Sie das gut oder nicht gut? 2. Sollte der § 146 GVG abgeschafft werden oder nicht?

Sehr geehrter Herr Bartsch,

über Ihre Antworten würde ich mich sehr freuen.

Mit freundlichen Grüßen

Erhard J.

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Sehr geehrter Herr J.,

es ist Grundprinzip, dass Gerichtsverfahren in der Öffentlichkeit, aber nicht für die Öffentlichkeit stattfinden. Dass es gleichwohl ein hohes gesellschaftliches Interesse gibt, haben bspw. die NSU-Prozesse gezeigt. 
So werden auch Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts bereits jetzt von den Medien übertragen, ohne dass dies die Unabhängigkeit des Bundesverfassungsgerichts bislang gefährdet hätte oder das Bundesverfassungsgericht zu einer Showbühne verkommen wäre.

Um zu vermeiden, dass Teile der interessierten Öffentlichkeit ausgeschlossen werden – zum Beispiel bei Losverfahren, wie sie beim Landgericht München im NSU-Prozess praktiziert wurden –, ist die gerichtsinterne Übertragung von Gerichtsverhandlungen bei erheblichem Medieninteresse ein legitimer Weg.
Der Ermöglichung audiovisueller Dokumentationen von Gerichtsverfahren, die eine herausragende zeitgeschichtliche Bedeutung besitzen, sollte aber nur dann zugestimmt werden, wenn dies in engen Grenzen erfolgt. Eine audiovisuelle Aufzeichnung des gesamten Prozessverlaufes kann Auswirkungen auf das prozessuale Verhalten von Verfahrensbeteiligten haben. 

Zu Punkt zwei: Die Staatsanwaltschaft ist kein unabhängiges Gericht, sondern eine staatliche Behörde. Deshalb kann der übergeordnete Staatsanwalt dem untergeordneten Staatsanwalt Weisung erteilen und auch der Justizminister kann Weisungen erteilen. Daran wird sich nichts ändern. Eine Einmischung in die Gerichtstätigkeit ist absolut unzulässig.

Freundliche Grüße
Dr. Dietmar Bartsch

 

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