Frage an Dietmar Bartsch bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

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Dietmar Bartsch
DIE LINKE
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Frage von Jan W. •

Frage an Dietmar Bartsch von Jan W. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Bartsch!

Deutschland beteiligt sich seit über 20 Jahren militärisch an Konflikten weltweit, obwohl es Streitkräfte nur zur Verteidigung aufstellen, unterhalten und einsetzen darf. Dabei ist die BRD nur noch "von Freunden umgeben"; ein Angriff auf das Bundesgebiet unwahrscheinlich.

Trotzdem kämpfen und sterben SoldatInnen der Bundeswehr in Konflikten innerhalb Europas wie auf dem Balkan oder außerhalb in Afghanistan, Somalia, Georgien etc.!

Die Kosten für diese Kriegseinsätze, vom zuständigen Minister verharmlost, werden überwiegend aus dem Verteidigungshaushalt bezahlt, anstatt z.B. aus dem Titel Auswärtiges, Entwicklungshilfe, Wirtschaft...

Andererseits wollen Verteidigungspolitiker und hohe Militärs immer mehr Personal und Material für die Einsätze.

Meine Fragen:

- Einsatz der Bundeswehr allgemein im Ausland; insbesondere in Afghanistan? Sinnvoll/richtig oder falsch?
- Ist das dort für Sie ein Kriegeinsatz oder etwas anderes?
- Haben Sie ggf. Abzugsperspektiven oder -forderungen?
- Eweiterung oder Verkleinerung/Abschaffung der Bundeswehr?
- Mehr/weniger Mittel für Militär und ggf. zu Lasten welcher anderen Aufgaben?
- Aufrechterhaltung der allgemeinen Wehrpflicht oder Längerdiener-/Berufssoldatenarmee?

Darüber hinaus militarisiert die Bundeswehr m.E. die Zivilgesellschaft in Deutschland schleichend durch massiven Einsatz im Inland (z.B. G8 Gipfel, Weltkirchentag/Papstbesuch, Fußball-WM, aber auch ständig durch dauerpräsente Strukturen (Landeskommando in Schwerin für M-V) und militärische Teams für zivilmilitärische Zusammenarbeit in allen Landkreisen und kreisfreien Städten.

Wie stehen Sie ganz konkret dazu?

Als Abgeordneter wirken sie künftig u.a. an der "Königsdisziplin Haushalt" und der Mittelverteilung mit und haben damit entscheidenden Einfluss auf Festlegungen und Mittelverteilung für die Kriegs- und Militärfinanzierung!

Deshalb interessierten mich Ihre Standpunkte dazu außerordentlich!

Mit freundlichen Grüßen

Jan Weber

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Weber,

so wie Sie bewegt viele Menschen in unserem Land die Tatsache, dass die deutsche Außenpolitik immer mehr militärisch ausgerichtet wird, dass die Bundeswehr in Afghanistan an Kriegshandlungen beteiligt ist und inzwischen mit über 7.000 Soldaten in11 Ländern agiert.

Die Position der LINKEN zum Bundeswehreinsatz in Afghanistan ist klar:
Die Bundeswehr muss raus aus Afghanistan. Trotz und wegen des inzwischen 8 Jahre währenden Krieges muss konstatiert werden: Afghanistan ist auch heute noch Hort der Al Kaida und es ist ein Irrtum zu glauben, man könne den Terrorismus mit Krieg bekämpfen.

In Afghanistan herrscht Krieg, was sonst!

DIE LINKE ist überzeugt, dass erst der Abzug der Bundeswehr der Bundesregierung neue Handlungsspielräume zur Förderung von Frieden, Entwicklung und Demokratie vor Ort eröffnet. Die militärische Eskalationsspirale bindet dafür erforderliche personelle und finanzielle Mittel und schafft immer neue Sachzwänge.
Wir haben über die Jahre Kontakte nach Afghanistan aufgebaut und auch in Deutschland gemeinsam mit Expertinnen und Experten mögliche Strategien diskutiert. Einige der Zwischenergebnisse, die sich auch in unseren Anträgen zu den Mandatsverlängerungen wiederfinden, können Sie auch auf der Homepage der Fraktion DIE LINKE (www.linksfraktion.de) herunterladen, wie z.B. die Broschüre "Den Krieg beenden - Frieden für Afghanistan" ( http://dokumente.linksfraktion.net/pdfdownloads/7761174820.pdf ).
Kurz zusammengefasst: DIE LINKE hält einen Strategiewechsel für dringend notwendig, um der afghanischen Bevölkerung tatsächlich eine Friedensperspektive zu eröffnen. Der Neuanfang in Afghanistan sollte auf vier Pfeilern ruhen: Abzug der Bundeswehr (und anderer NATO-Truppen) aus Afghanistan, Förderung des innerafghanischen Friedensprozesses, Einbindung der Staaten der Region - insbesondere Irans, Indiens und Pakistans - zur Stabilisierung Afghanistans, und vor allem die intensivierte Unterstützung des Wiederaufbaus und der Entwicklung Afghanistans mit zivilen Instrumenten.

DIE LINKE fordert, die Wehrpflicht abzuschaffen und die Bundeswehr zu einer konsequenten Verteidigungsarmee umzugestalten und im Zuge dessen deutlich zu verkleinern, mit einem Konversionsprogramm des Bundes die Aufgabe von Militärstandorten und die zivile Nutzung aufgegebener militärischer Liegenschaften unterstützen.

Nach unserer Auffassung können dadurch erhebliche finanzielle Mittel des heutigen „Verteidigungshaushaltes“ (ca. 30 Mrd. €) zugunsten ziviler Friedensdienste und zugunsten wirksamer ziviler Entwicklungshilfe gewonnen werden.

Freundliche Grüße

Dietmar Bartsch

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