Frage an Dietmar Bartsch bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

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Dietmar Bartsch
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Frage von Gerhard R. •

Frage an Dietmar Bartsch von Gerhard R. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Dr. Bartsch,

ist Deutschland für die EU-Verordnung betr. Wirtschaftssanktionen gegen Russland mitverantwortlich?

Da das nach meinen Informationen zu bejahen ist:

In welchen Staaten hat die UN-Vollversammlung in den letzten 20 Jahren Völkerrechtsverstöße festgestellt und in welchen Fällen hat der EU-Rat Wirtschaftssanktionen beschlossen?

Gibt es auch nach Ihrer Auffassung nur dann eine politische Rechtfertigung für Witschaftssanktionen, wenn in den jeweiligen Einzelfällen der Grundsatz der Gleichbehandlung beachtet wird?

Beispiel: Trifft es auch nach Ihrer Auffassung zu, dass es keine Rechtfertigung für die israelische Siedlungspolitik in Palästina gibt?
Obwohl ich das Existenzrecht Israels bejahe, frage ich Sie:
Sind Wirtschaftssanktionen gegen Russland auch abzulehnen, weil sie gegen den Gleichbehandungsgrundsatz verstoßen?
Liegt im Falle Israel ein Verstoß gegen diesen Grundsatz vor?

Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Reth

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Sehr geehrter Herr Reth,

Ihre Fragen, in welchen Staaten die UN-Vollversammlung in den letzten 20 Jahren formell Völkerrechtsverstöße festgestellt hat und in welchen dieser Fälle der EU-Rat Wirtschaftssanktionen beschloss, kann ich nicht beantworten, da es dazu keine mir zugängliche Übersicht gibt.

Was Wirtschaftssanktionen gegenüber Staaten betrifft, so existiert nach meiner Kenntnis keine Vereinbarung, in der ein wie auch immer formulierter "Gleichbehandlungsgrundsatz“ vereinbart ist.
Meistens werden Sanktionen von sich überlegen fühlenden Staaten oder Staatengruppen als Strafmaßnahmen gegen andere Staaten oder Staatengruppen verhängt. Es gibt im Völkerrecht aber keinen legitimierten Sanktionskatalog, mit dem reale oder vermeintliche „Normverstöße“ von der einen gegenüber der anderen Seite zu ahnden wären, es sind meist willkürliche Entscheidungen.
Letztlich treffen Wirtschaftssanktionen häufig die „kleinen Leute“. Sie sind daher ein Instrument, dem DIE LINKE eher skeptisch und ablehnend gegenüber steht.

Das ist auch im Ukraine-Konflikt nicht anders.
Jegliche Versuche, Russland stärker in die wirtschaftliche und politische Isolation treiben zu wollen, machen die Reaktionen aus Moskau unberechenbarer. Die Verhängung von Sanktionen ist daher eher ein Beitrag zu Eskalation und präjudiziert einen gefährlichen Aktionismus. Um der Integrität der Ukraine und der raschen Beendigung des Bürgerkriegs noch eine Chance zu geben, ist vor allem das Tor zu Verhandlungen weit offen zu halten. Diplomatie, Diplomatie und nochmals Diplomatie kann eine Lösung bringen.

Freundliche Grüße
Dr. Dietmar Bartsch

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