Plant die Bundesregierung ein Vorgehen gegen missbräuchliche Abmahnungen nach dem Urheberrecht, wie bereits im Wettbewerbsrecht gültig, damit Stefan Böhme endlich keine Millionen mehr scheffeln kann?

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Dietmar Bartsch
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Frage von Annette F. •

Plant die Bundesregierung ein Vorgehen gegen missbräuchliche Abmahnungen nach dem Urheberrecht, wie bereits im Wettbewerbsrecht gültig, damit Stefan Böhme endlich keine Millionen mehr scheffeln kann?

Sehr geehrter Herr Bartsch,
kürzlich wurde die Vermieterin einer Ferienwohnung erfolgreich für einen Urheberrechtsverstoß abgemahnt, da auf den Fotos der Ferienwohnung eine legal erworbene Fototapete abgebildet war (https://www.heise.de/news/Urteil-Fototapete-in-Gaestezimmer-als-Urheberrechts verletzung-7524441.html).
Dies ist sehr problematisch, da nach dem Urteil Menschen nicht einmal mehr Fotos ihrer Wohnungen veröffentlichen können, wenn darin möglicherweise auch legal erworbene Abbildungen zu sehen sind, auch wenn diese nicht der Zweck oder der Fokus des Bildes sind. Auch ist es nicht möglich eine Wand mit einer Fototapete aus dem Foto zu entfernen oder gar die Tapete zu entfernen, nur um ein Foto z.B. auf Instagram zu veröffentlichen! Bitte legen Sie dem Abmahnkönig/Millionär Stefan Böhme das Handwerk und verbieten Sie missbräuchliche Abmahnungen nach dem Urheberrecht, wie im Wettbewerbsrecht, zumindest was Fototapeten angeht, die ja viele Bürger in Ihren Wohnungen haben.

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Sehr geehrte Frau F.,

ich kann Ihren Ärger über Urteile wie das von Ihnen zitierte Urteil des Landgerichts Köln gut nachvollziehen. Mir steht es nicht zu, Gerichtsschelte zu betreiben, da es in Deutschland den Grundsatz der Gewaltenteilung gibt. DIE LINKE kritisiert aber die Gesetzeslage, die solche Urteile möglich macht. Für das Urheberschutzgesetz ist der Bundestag verantwortlich!

Das Landgericht Köln folgt in seiner Entscheidung der Leitentscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 17.11.2014 - I ZR 177/13 (Möbelkatalog). Dabei legte es § 57 Urheberrechtsgesetz (UrhG), der für Fälle wie die der Abbildung einer Fototapete auf einem veröffentlichten Foto eine Ausnahme von dem Lizensierungserfordernis vorsieht, besonders eng aus. Gemäß § 57 UrhG ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von Werken dann zulässig, wenn sie als unwesentliches Beiwerk neben dem eigentlichen Gegenstand der Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe anzusehen sind. Das Landgericht vertritt im vorliegenden Fall der Meinung, dass die Fototapete kein zufälliges, ohne Auswirkung für den Gesamteindruck leicht austauschbares, unwesentliches Beiwerk ist und die Urheberechte des Malers daher zu beachten sind. Nun ist es im Gegensatz zur BGH-Leitentscheidung, in der es um ein im Möbelhaus aufgehängtes Gemälde ging, das man leicht auch wieder abhängen konnte, nicht möglich, die Tapete zerstörungsfrei von der Wand zu entfernen. Insofern ist es gut möglich, dass eine enge Auslegung des § 57 UrhG gegen Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verstoßen könnte, weil damit bildliche Äußerungen im Internet unterdrückt werden.

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass das Urteil nur dann gilt, wenn das Foto der Fototapete für Werbezwecke verwendet wird. Wenn Sie also ein Foto Ihrer Wohnung auf Instagram oder Facebook posten möchten, auf dem eine Fototapete zu sehen ist, die Sie legal erworben haben, und das Foto nicht für Werbezwecke verwendet wird, sollten Sie keine Probleme haben.

Fälle wie der von Ihnen zitierte zeigen auf, dass das Urheberrecht insbesondere für Unternehmer unübersichtlich und riskant geworden ist, in vielen Bereichen die Ansprüche aus dem Urheberrecht zu weit gehen und Missbrauch Tür und Tor geöffnet wird. Es ist die Aufgabe des Gesetzgebers, hier nachzubessern und das Urheberrecht so zu überarbeiten, dass es wieder für einen angemessenen Interessenausgleich der Beteiligten sorgt. Dazu gehört auch, Regelungen gegen missbräuchliche Abmahnungen nach dem Urheberrecht, wie bereits im Wettbewerbsrecht vorhanden, einzuführen.

Da DIE LINKE allerdings keine parlamentarische Mehrheit für eine Verbesserung des UrhG hat, steht die Ampelkoalition in der Verantwortung, hier zu handeln. Wir als die LINKE werden die Koalitionsparteien mit eigenen parlamentarischen Initiativen daran erinnern.

Solange das UrhG jedoch in der jetzigen Fassung existiert, sollten Sie einige Dinge beachten, um sich vor einer Abmahnung zu schützen:

1. Verwenden Sie nur Fototapeten, die Sie legal erworben haben.

2. Verwenden Sie keine Fototapeten mit urheberrechtlich geschützten Motiven.

3. Verwenden Sie keine Fotos von Fototapeten für Werbezwecke ohne die ausdrückliche Genehmigung des Urhebers.

Freundliche Grüße,

Dr. Dietmar Bartsch

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