Frage an Frank Tempel bezüglich Recht

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Frank Tempel
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Frage von Hartmut Frank M. •

Frage an Frank Tempel von Hartmut Frank M. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Tempel,

mit Interesse habe ich den Parteitag der Partei Die Linke verfolgt. Besonders auch die Aussagen des Parteitags über die Drogenpolitik. Ich befürchte nur, dass konservative Medien dies fehlinterpretieren und verfälscht wiedergeben.

Leider sehe ich eine Verlogenheit in der Drogenpolitik.
Zunächst einmal muss man glaube ich klar sagen, dass auch Alkohol und Zigaretten Drogen sind, und auch aus anderen alltäglichen Dingen, wie Spiele, Internet usw. eine Sucht erwachsen kann.
Der Staat rechnet aber eine Tabaksteuererhöhung mit in den Haushalt ein. Er rechnet also gar nicht mit einem Rückgang der Raucheraktivitäten durch Steuererhöhungen.
Zum anderen ist Alkohl m.E. viel zu billig. Und das beide Drogen medial verharmlos werden, und dass für sie sogar noch geworben werden darf, finde ich nicht in Ordnung.
Was meinen Sie dazu? Bei einer Übertragung des CSU-Parteitags auf Phoenix sah ich, wie ein Deligierter vormittags Bier vor sich stehen hatte. Ist das in Ordnung?

Ich sehe zudem eine Kriminalisierung von Menschen, die z.B. Haschisch rauchen und/ oder eine Hanfpflanze zum Eigengebrauch angepflanzt haben.
Erst kürzlich habe ich im Hamburger Abendblatt gelesen, dass eine arme und kranke Frau sich eine Hanfpflanze angebaut hat.
Der Richter hat sie zu einer Haftstrafe auf Bewährung verurteilt. Und das nur, weil sie eine Arbeit nachweisen konnte.
Kann es sein, dass man so unterscheidet? Kokainkonsumenten und Hanfpflanzenbesitzer einsperrt, Alkohlkranke z.T. auf Kassenkosten behandelt?
Warum wird man in Deutschland dafür bestraft, wenn man seinem Körper z.B. Hasch zuführt?
Ich rede nicht von Dealern, sondern von den z.T. abhängigen Menschen. Ich denke, diese brauchen Hilfe und keine Strafe. Was meinen Sie dazu?

Ich selbst rauche nicht, trinke nicht, und konsumiere auch sonst keine Drogen.
Aber sehen Sie nicht auch, wie mehrgeteilt die Drogenpolitik ist?

Mit freundlichen Grüßen

Hartmut Frank Mueller

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DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Mueller,

sie fragen zu Recht, weshalb in der deutschen Drogenpolitik ein doppelter Standard vorherrscht, bei dem beispielsweise Konsumierende von Cannabis zu Unrecht kriminalisiert, während Alkohol- und Tabakkonsum weitestgehend verharmlost werden. Dies zu verändern, ist Hauptziel meiner Tätigkeit als drogenpolitischer Sprecher der Linksfraktion.

Grundlegend ist festzuhalten, dass die Wirkstoffe von Tabak, Cannabis, Alkohol und weiteren Drogen, aber auch das Glücksspiel oder das Nutzen des Internets, nicht primär zum Suchtverhalten führen. Für das Herausbilden eines gefährlichen Konsums dieser Güter ist viel mehr das soziale Umfeld mitverantwortlich, das heißt zum Beispiel der Freundeskreis oder der Stress auf Arbeit. Seit je her haben Menschen Drogen konsumiert. Unabhängig, welche Position man zum Konsum selbst einnimmt, müssen Gesellschaft und Politik dennoch Antworten auf die Frage finden, wie sie als solche mit dem Konsum gesamtgesellschaftlich umgehen will. Das willkürliche Verbot einiger Substanzen führt zu mehr Problemen als zu Lösungen.

Ich möchte Ihnen zwei Punkte nennen, weshalb ich die Kriminalisierung von Cannabis und anderen illegalisierten Drogen für vollkommen falsch halte:

Erstens wird mit dem Verbot der Schwarzmarkthandel mit Drogen befördert. Dadurch ist nicht ersichtlich, wer die Produkte anbaut und wer sie vertreibt. Oftmals sind die Gewinner von diesem Verbot international agierende Drogenkartelle, die weltweit Milliardengewinne aus dem Vertrieb und Verkauf von illegalisierten Drogen erzielen. Dies muss beendet werden, wie auch die renommierte Global Commission on Drug Policy festgestellt hat, der bekannte Persönlichkeiten wie Kofi Annan oder George Papandreou vorsitzen. Leider sieht die Bundesregierung hier keinen Handlungsbedarf, wie sie auf meine Kleine Anfrage zu verstehen gab.

Eine Einschätzung dazu finden Sie hier:
http://frank-tempel.de/lesen/items/bundesregierung-ignoriert-ergebnisse-der-internationalen-kommission-fuer-drogenpolitik.html

Zweitens kann durch das Verbot von bestimmten Drogen kein Jugend- und Verbraucherschutz geleistet werden. Dadurch wird der Konsum noch gefährlicher, da überhaupt nicht ersichtlich ist, welche weiteren Stoffe sich in der jeweiligen Droge befinden. Von Streckmitteln geht aber oftmals ein weitaus gefährlicheres Risiko aus als vom eigentlichen Stoff selbst. Die Entkriminalisierung von bisher illegalisierten Drogen könnte daher zur Umsetzung von einheitlichen Standards führen, ähnlich wie wir sie durch das Reinheitsgebot beim Bier kennen. Somit könnte der Staat seiner Aufgabe gerecht werden, auch Drogenkonsumierenden den maximal möglichen Schutz zu geben. Maxime einer solchen Drogenpolitik muss jedoch auch sein, präventiv durch Information und Aufklärung gefährlichen Konsum vorzubeugen.

Sehr geehrter Herr Mueller,

richtigerweise kritisieren sie das fehlende Werbeverbot von Tabakprodukten und Alkohol. Meiner Meinung nach trägt dies zur Verharmlosung der Stoffe bei. Daher muss es aus meiner Sicht ein konsequentes Werbeverbot für alle Drogen geben. Dies trifft auch dann zu, wenn andere Drogen wie Cannabis entkriminalisiert werden sollten. Um beim Beispiel Cannabis zu bleiben: Ich habe mit meiner Fraktion einen Antrag in den Bundestag eingebraucht, bei dem die Entkriminalisierung von Cannabis nach spanischem Vorbild angestrebt wird. Hierbei betont der Antrag, dass es künftig ein Werbeverbot von Cannabisprodukten geben soll. Außerdem soll der Eigenanbau möglich sein, wobei das Rauchen den allgemeinen Nichtraucherschutzgesetzen unterliegt.

Den Antrag finden Sie hier:
http://dokumente.linksfraktion.de/drucksachen/23937_1707196.pdf

Hinsichtlich der Benutzung von Cannabis als Medikament verhält sich die Bundesregierung ambivalent. Auf der einen Seite erkennt sie die Möglichkeiten von Cannabinoiden zur Schmerzlinderung bei bestimmten Krankheiten an; auf der anderen Seite sollen die Kosten für diese Medikamente vom Kranken selbst und nicht durch die gesetzlichen Krankenkassen getragen werden, wodurch faktisch die Nutzen dieser Medikamente weiterhin nur äußerst schwierig ist.

Die Antwort der Bundesregierung auf meine Kleine Anfrage zur Legalisierung von Cannabis-Medikamenten finden Sie hier:
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/038/1703810.pdf

Mit freundlichen Grüßen
Frank Tempel