Frage an Frithjof Schmidt bezüglich Arbeit und Beschäftigung

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Frithjof Schmidt
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Alexander K. •

Frage an Frithjof Schmidt von Alexander K. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Lieber Frithjof,

ich bin der Alexander aus Bad Harzburg, remember?
Wie der Zufall so spielt: Ich muss morgen zum Steuerberater und wieder mal gehts um das leidige Thema Doppelbesteuerung. Ich arbeite sehr oft an ausländischen Opernhäusern und Theatern und muss regelmässig sowohl vor Ort als auch in D in vollem Masse Einkommmenssteuer auf die Bruttogage zahlen.
Es ist mir völlig unverständlich, dass sich offenbar niemand dieses Themas anzunehmen scheint, ob das auch für den Kapital- und Warenverkehr gilt???
Ist zwar etwas komplizierter als geschildert und wohl auch nicht ganz Dein Fachgebiet, aber vielleicht könntest Du mir ja mal wen nennen, der sich damit beschäftigt, vielleicht zur Strafe eine/n Deiner KollegInnen, die sich auf dem, zugegebenermaßen sehr langen Weg zum Flieger Freitags noch mal schnell die Sitzungsgelder einheimsen. Konnte ich mir leider nicht verkneifen.

Viele Grüße aus Berlin
Alexander

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Bündnis 90/Die Grünen

Lieber Alexander

Schön nach so langer Zeit mal wieder etwas von Dir zu hören, auch wenn es sicher ein hässliches Steuerproblem ist.

Zu deinen konkreten Fragen:

Doppelbesteuerung und Doppelbesteuerungsabkommen

Für den Bereich Steuern/Besteuerung gibt es auf Gemeinschaftsebene (leider) keine Regelungen für die Definition von grenzüberschreitenden ArbeiterInnen, darüber welches Mitgliedsland Steuerberechtigt ist und über die anzuwendenden Steuergesetze. Damit auf der einen Seite die Doppelbesteuerung von Einkommen vermieden, auf der anderen Seite auch Steuerhinterziehungen und doppelten Freistellungen entgegenwirkt wird, werden zwischen den EU-Mitgliedsstaaten so genannte bilaterale Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen - was in der Tat ein zersplittertes und in sich nicht abgestimmtes Netz von Doppelbesteuerungsabkommen zur Folge hat. Dies ist nicht nur für die ArbeitnehmerInnen verwirrend, sondern behindert auch den europäischen Binnenmarkt.

Aus grüner Sicht wäre eine Harmonisierung der Doppelbesteuerungsabkommen bzw. einheitliche Regelungen zur Besteuerung von grenzüberschreitender Arbeit auf Gemeinschaftsebene natürlich wünschenswert. Allerdings hat die EU im Bereich der Steuern keine Kompetenzen - und die Mitgliedsstaaten möchten diese auch unter keinen Umständen abgeben.

Zur Vermeidung der doppelten Besteuerung von ausländischen Einkünften im Inland und Einkünften von Ausländern im Inland hat die Bundesrepublik mit der überwiegenden Mehrheit aller Staaten so genannte Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen. Doppelbesteuerungsabkommen sind völkerrechtliche Verträge, mit deren Hilfe die Staaten vermeiden, dass bei demselben Steuerpflichtigen dieselben Einkünfte für denselben Zeitraum durch gleichartige Steuern mehrfach belastet werden. Inwieweit Doppelbesteuerung tatsächlich vermieden werden können, wird in dem jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen geregelt (siehe angehängte Liste). Daher bin ich etwas verwundert, dass Du "sowohl vor Ort als auch in D in vollem Masse Einkommensteuer auf die Bruttogage zahlen" musst. Um welche Länder handelt es sich? Kannst Du uns nähere Informationen zukommen lassen?

Zur Vermeidung von Doppelbesteuerung gibt es zwei Methoden:
Bei der Freistellungsmethode regeln Doppelbesteuerungsabkommen häufig die Freistellung der betroffenen Einkünfte in einem der beiden Staaten. Dabei werden die Einkünfte bei der Ermittlung der Steuer nicht berücksichtigt. Um jedoch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Bürgers weiter zu besteuern, fließen bei der beschränkten Freistellung die Einkünfte in den Progressionsvorbehalt ein.

Bei der Anrechnungsmethode des § 34c Abs. 1 EStG wird die auf ausländische Einkünfte entfallende entrichtete ausländische Einkommensteuer auf die deutsche Einkommensteuerschuld angerechnet. Dieses Verfahren ermöglicht außerhalb der Regelungen eines Doppelbesteuerungsabkommens die größtmögliche Steuerentlastung.

Solange es (in Europa) keinen wirklich fairen Steuerwettbewerb zwischen den Ländern gibt und um die zunehmende Steuerverlagerung ins Ausland zu verhindern (und damit die Erosion der Steuereinnahmen durch Verlagerung von Einkünften in Niedrig- oder gar Nichtsteuergebiete) fordern wir Grünen in den Doppelbesteuerungsabkommen verstärkt von der bisherigen Freistellungsmethode zur Anrechnungsmethode überzugehen. Das im Ausland erzielte Einkommen soll nach dem Welteinkommensprinzip also auch in Deutschland voll steuerpflichtig sein, im Ausland gezahlte Einkommensteuer aber auf die deutsche Einkommensteuer angerechnet werden.

mit den besten Wünschen aus Brüssel

Frithjof