Frage an Fritz Felgentreu bezüglich Innere Angelegenheiten

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Fritz Felgentreu
SPD
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Frage von Craig M. •

Frage an Fritz Felgentreu von Craig M. bezüglich Innere Angelegenheiten

Sehr geehrter Herr Felgentreu,

im derzeitigen Abstiegskampf der Demokratie haben Sie meines Erachtens mit den neuen Corona-Regelungen ein Eigentor erzielt.
Ich verteidige die Regierung seit März gegenüber skeptischen Bekannten, erkläre Epidemiologie und Virologie usw. Dass die Gesellschaft manche unbequeme Maßnahmen annehmen muss ist mir klar.
Angesichts der Vorhersehbarkeit der Jahreszeiten und der damit sich verändernden gesellschaftlichen Bewegungen und Verhaltensunterschiede (innen statt außen, Schule statt Ferien usw), wieso war es nicht möglich in der Sommer-Zeit vernünftige Regelungen für das öffentliche Leben in einer Pandemie auszuhandeln? Wieso muss die Gastronomie schließen, nachdem sie Geld und Arbeit investierte hat, um einen sicheren Betrieb zu ermöglichen? Wieso konnte man nicht einem einzigen Klub in gesamtes Berlin ihre Lüftungs- und Abstandsmöglichkeiten anerkennen, um eine Wieder-Eröffnung zu ermöglichen (ich glaube, Sie haben nicht gesucht)? Wieso muss die Regierung immer neue, schwer durchschau- und durchsetzbare Regelungen erfinden (Anzahl von Menschen aus Anzahl von Haushalten usw), anstatt eine vernünftige Bildungskampagne zu durchführen, um die relativ durchschaubare Prinzipien zu erklären, die dann jeder Bürger bei jedem Treffen anwenden könnte (Abstand, Lüften, Kontakte minimisieren usw.).
Im Klartext, wie soll ich jetzt die Regierung verteidigen gegenüber den sogenannten Querdenkern und anderen kritischen Stimmen, zum Beispiel aus der Kulturszene - die sich zurecht benachteiligt fühlt, im Vergleich mit der ‚Wirtschaft‘ (siehe Lufthansa und ihre Investoren die kurzfristig eingestiegen sind bevor ein Rettungspaket vereinbart wurde).
Ihre Glaubwürdigkeit sinkt, die Gefahr durch Verrückten und AfD usw steigt. Wieso machen Sie das?
Mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Meulen,

vielen Dank, dass Sie die Initiative ergriffen haben und mir geschrieben haben. Und danke auch, dass Sie den Maßnahmen zur Bewältigung der Corona-Pandemie bisher so viel Verständnis entgegenbringen.

Uns alle hat die Pandemie schwer getroffen und sie ist nach wie vor eine große Herausforderung. Der SPD ist es ein großes Anliegen die Gesundheit aller Bürgerinnen und Bürger zu schützen, weshalb wir die neuen Maßnahmen zur Kontaktbeschränkung unterstützen. Die neuen Maßnahmen sind zwingend erforderlich gewesen. Wir haben die Kontrolle über die Infektionsdynamik verloren und müssen diese wiedererlangen. Unser Handeln orientiert sich dabei zum einen an der Belastungsgrenze des Gesundheitssystems und zum anderen am Schutz der Risikogruppen. Als SPD wollen wir das Land und die Bürgerinnen und Bürger gut durch und aus der Krise herausführen.

Der Erkenntnisstand von Wissenschaft und Politik unterliegt einem stetigen Wandel, weshalb Maßnahmen überdacht und gegebenenfalls neu ausgerichtet werden müssen. Doch nicht zuletzt spielt besonders auch die Infektionsdynamik hierbei eine zentrale Rolle. Maßnahmen, welche im Sommer noch ihre Wirkung gezeigt haben, würden zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr greifen können. Wir hatten einen milden Sommer im Hinblick auf die Infektionszahlen, sodass auch das öffentliche Leben mit geringen Einschränkungen stattfinden konnte. Derweil haben wir jedoch einen exponentiellen Anstieg und müssen unsere Kontakte erneut auf ein Minimum begrenzen.

Aus diesem Grund ist es momentan im November beispielsweise unumgänglich, dass die Gastronomie oder aber die Clubs geschlossen bleiben. Bezüglich der Situation der Clubs in Berlin bitte ich Sie, sich an den Berliner Senat zu wenden. Ich möchte aber anmerken, dass den Clubs in Berlin ein Betrieb eingeschränkt möglich war (siehe: https://www.zeit.de/campus/2020-10/berlin-clubszene-coronavirus-katharin-ahrend-clubkommission-neuinfektionen-massnahmen). Gastronomie und Partyveranstaltungen sind Bereiche, welche von den Begegnungen der Menschen leben. Diese Begegnungen gilt es aktuell auf das Allernötigste zu beschränken. Ich teile Ihre Beobachtung, dass es in der Gastronomie sehr große Anstrengungen gab, einen Betrieb unter den Bedingungen der Pandemie aufrechtzuhalten. Umso schwieriger ist Bund und Ländern auch die Entscheidung zum „Shutdown“ im November gefallen. Wir müssen dem Virus jedoch Einhalt stärker gebieten, weshalb solche Einschränkungen leider nötig sind. Wir sind uns als SPD dessen bewusst, dass die Gastronomie und die Kulturszene vor einer schwierigen und vor allem ungewissen Zeit stehen. Finanzminister Olaf Scholz hat deshalb in Zusammenarbeit mit Wirtschaftsminister Altmaier ein Paket von Hilfsmaßnahmen herausgearbeitet, welches den Betroffenen Unterstützung bieten soll. Darüber hinaus stellt die Bundesregierung 1 Milliarde Euro zur Verfügung, um den Erhalt der Kulturszene zu sichern (siehe: https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/coronavirus/corona-kultur-1735378). Niemand soll mit den Folgen der Pandemie allein gelassen werden.

Die Politik hat mehrfach an die Bürgerinnen und Bürger appelliert und darauf hingewiesen, dass diese die AHA-Regeln und zuletzt die AHA+CL-Regeln einhalten sollen. Mehrere Ministerien haben Informationskampagnen zum Umgang mit dem Virus aufgelegt. Allerdings greifen die AHA+CL-Regeln alleine nicht mehr, wenn sich das Infektionsgeschehen so entwickelt, wie es in den letzten Wochen der Fall war. Das Covid-19-Virus hat eine starke Dynamik, weshalb es erforderlich ist, dass die Politik situationsbedingt agiert und neue Maßnahmen zur Eindämmung auf den Weg bringt.

Mit freundlichen Grüßen
Fritz Felgentreu