Weshalb will die Ampel den EU Direktwahlakt 2018 ratifizieren?

Gabriela Heinrich, SPD-Bundestagsabgeordnete für Nürnberg-Nord
Gabriela Heinrich
SPD
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Frage von Lukas K. •

Weshalb will die Ampel den EU Direktwahlakt 2018 ratifizieren?

Sehr geehrter Frau H.,
das Bundesverfassungsgericht hat erst 2011 die 5%-Sperrklausel gekippt und 2014 kurz vor der EU-Wahl die 3%-Sperrklausel. Der Direktwahlakt 2018 fordert nun Mitgliedsstaaten dazu auf, eine Sperrklausel zwischen 2% und 5% zur EU Wahl einzuführen. Auch Deutschland wäre dazu verpflichtet. Im Ampel Koalitionsvertrag steht dazu: "Wenn bis zum Sommer 2022 kein neuer Direktwahlakt vorliegt, wird
Deutschland dem Direktwahlakt aus 2018 auf Grundlage eines Regierungsentwurfes zustimmen". Warum will die Ampel einem Wahlakt zustimmen, der eine mit dem deutschen Grundgesetz nicht vereinbare Regelung enthält? Soll hier die Kompetenz des BVerfG umgangen werden, nur um die Sperrklausel einzuführen? Und warum wird einem möglichen neuem Wahlakt nur Zeit bis Sommer 2022 gegeben? Haben die letzten sieben Jahre nicht bewiesen, dass wir keine Sperrklausel auf EU-Ebene brauchen?
Vielen Dank schonmal für Ihre Antwort.

Mit freundlichen Grüßen,
Lukas Küffner

Gabriela Heinrich, SPD-Bundestagsabgeordnete für Nürnberg-Nord
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr K.,

im Ampel-Koalitionsvertrag befindet sich die von Ihnen angesprochene Ankündigung, dass Deutschland dem Direktwahlakt 2018 zustimmen wird, wenn bis zum Sommer 2022 kein neuer Direktwahlakt vorliegt.

Dabei gilt, dass der Direktwahlakt nur der europäische Rahmen ist, innerhalb dessen die Länder ihre nationalen Regelungen zur Europawahl gestalten. Dieser Rahmen sieht beim Direktwahlakt 2018 konkret die von Ihnen angesprochene Sperrklausel zwischen 2 Prozent und 5 Prozent vor. Das wäre dann also auch der Rahmen für eine nationale Regelung, sollte es nicht zuvor einen neuen Direktwahlakt geben.

Die Fünf-Prozent-Sperrklausel bei der Wahl des Deutschen Bundestages hat das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung für verfassungskonform erachtet. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht in der Tat die bisherigen Sperrklauseln für die Europawahlen dagegen für verfassungswidrig erklärt. Über die Berechtigung einer Sperrklausel bei künftigen Europawahlen in Deutschland hat es aber nicht abschließend entschieden. Entscheidend ist hier die Frage der Notwendigkeit einer Sperrklausel zugunsten der Funktionsfähigkeit des Parlaments, die immer wieder neu beantwortet werden muss.

Eine baldige Entscheidung ist notwendig, um rechtzeitig vor der nächsten Europawahl (die voraussichtlich im Frühjahr 2024 stattfindet) ein neues Wahlrecht zu schaffen. Zumal zwischen Änderungen am Wahlrecht und einer Wahl stets ein deutlicher Abstand liegen sollte.

Weiterhin haben wir im Koalitionsvertrag festgelegt, dass wir „ein einheitliches europäisches Wahlrecht mit teils transnationalen Listen und einem verbindlichen Spitzenkandidatensystem“ unterstützen und außerdem das Europäische Parlament weiter stärken und aufwerten wollen.

Mit freundlichen Grüßen

Gabriela Heinrich

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