Frage an Hans-Werner Kammer bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Hans-Werner Kammer
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Frage von Haiko R. •

Frage an Hans-Werner Kammer von Haiko R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Kammer,

In den letzten Wochen kommt in diversen Medien immer wieder das Thema Datenschutz auf, insbesondere auch durch die neueste Entwicklung beim Thema Onlinedurchsuchung.
Aufgrund der Medienpräsenz dieses Themas interessiert mich, wie Sie

1) zur Onlinedurchsuchung
2) zur geplanten Vorratsdatenspeicherung
3) zur Videoüberwachung von öffentlichen Plätzen

stehen.

Die von vielen vorgebrachten Argumente, daß dadurch Verbrechen und/oder Terrorismus verhindert und beschränkt werden können, sind meiner Meinung nach falsch:

1) Die auf diese Art gesammelten Beweise sind teilweise keine Beweise, da sie durch nicht ausreichendes Wissen der Beamten entstehen können. ( http://www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24638/1.html )

2) Durch die Vorratsdatenspeicherung wird jeder Bürger unter einen Generalverdacht gestellt. Zusätzlich gibt es schon jetzt Beweise, daß diese Daten zu privaten Zwecken mißbraucht werden. ( http://www.pr-inside.com/de/fortschritt-macht-buerger-glaesern-r46854.htm )

3) Die Verbrechen werden durch die Videoüberwachung nicht verhindert und die derzeitige Aufklärungsrate ist schon auf einem sehr hohen Niveau. Außerdem gibt es aufgrund von Personalmangel bei der Polizei nicht genügend Beamte, die diese Videobänder sichten können.

Mit freundlichen Grüßen

Haiko Reents

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Reents,

ich verstehe Ihre Sorge bezüglich des Datenschutzes, dennoch sind im Kampf gegen Kriminalität und Terrorismus neue Mittel erforderlich.

Online-Durchsuchung
Das Internet hat sich zu einer modernen Tatvorbereitungswaffe für Terroristen und andere schwere Straftäter entwickelt. Dort findet man Bombenbauanleitungen, Propaganda für den heiligen Krieg bis hin zu gezielten Aufforderungen oder Verabredungen zu terroristischen Anschlägen. Das Bundeskriminalamt muss deshalb rasch in die Lage versetzt werden, auf diese neuen Herausforderungen angemessen und wirkungsvoll reagieren zu können. Ein unverzichtbares Instrument ist der verdeckte Zugriff auf Computer von Terroristen. Mit der Beschlagnahme des Computers einschließlich Festplatte ist es im Zeitalter der Hochtechnologie nicht mehr getan. Hochprofessionelle Täter verschlüsseln ihre Daten auf den Festplatten, so dass sie im Fall einer Beschlagnahme nichts wert sind. Mit Hilfe von Online-Durchsuchungen können die Daten vor der Verschlüsselung ausgelesen werden.

Es geht bei Online-Durchsuchungen um gezielte Maßnahmen gegen einzelne hochprofessionelle schwerkriminelle Terroristen. 99% aller Menschen in Deutschland werden davon nie betroffen sein. Niemand denkt bei Online-Durchsuchungen an eine Schleppnetzfahndung im Internet. Zudem wird eine verfassungskonforme Online Durchsuchung nur auf richterlicher Anordnung erfolgen. Die Privatsphäre des Einzelnen bleibt selbstverständlich gewahrt. Es ist deshalb nicht nur verantwortungslos, sondern völlig abwegig, wenn Ängste in der Bevölkerung vor flächendeckender Ausforschung ihrer Computer geschürt werden.

Gerade die jüngsten Erkenntnisse der Nachrichtendienste über die aktuelle Bedrohungslage durch den internationalen Terrorismus haben gezeigt, dass wir die Lösung dieses Problems nicht mehr länger aufschieben dürfen. Die SPD handelt verantwortungslos, wenn sie den von Bundesinnenminister Schäuble für Juli 2007 geplanten Kabinettbeschluss zum Bundeskriminalamtgesetz weiterhin blockiert, indem sie technische Fragen vorschützt, die längst geklärt sind.

Im Übrigen wird zu prüfen sein, inwieweit das Instrument der Online-Durchsuchung auch zur Aufklärung verabscheuungswürdiger Straftaten wie Kinderschändung und Kinderpornographie herangezogen werden kann

Vorratsdatenspeicherung
Die Bundesregierung hat der Richtlinie Nr. 2006/24/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 15. März 2006 über die Vorratsspeicherung von Daten, die bei der Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste oder öffentlicher Kommunikationsnetze erzeugt oder verarbeitet werden, zugestimmt. Sie hat dies mit Unterstützung des Deutschen Bundestages getan. In dem Entschließungsantrag der Fraktionen von CDU/CSU und SPD vom 7. Februar 2006 (BT- Drs. 16/545), der mit der Mehrheit der Stimmen des Deutschen Bundestages angenommen wurde, wurde die Bundesregierung aufgefordert, dem Text der Richtlinie bei der abschließenden Befassung des Rates der Europäischen Union zuzustimmen (Nr. II. 1 der Beschlussempfehlung). Der Deutsche Bundestag hat in dem Beschluss ausdrücklich darauf hingewiesen dass ein Zugriff auf Telekommunikationsverkehrsdaten insbesondere bei Straftaten mit komplexen Täterstrukturen, wie sie für den internationalen Terrorismus und die organisierte Kriminalität kennzeichnend sind, und bei mittels Telekommunikation begangenen Straftaten unverzichtbar ist (Nr. I. 5 und 6 der Beschlussempfehlung).

Dem Deutschen Bundestag war dabei bewusst, dass das hierfür gewählte Instrument der Richtlinie möglicherweise nicht ganz frei von rechtlichen Risiken ist (I. 13 der Beschlussempfehlung). Er hat sich dennoch dafür ausgesprochen, weil es sich insoweit um einen Kompromiss der EU-Mitgliedstaaten gehandelt hat (das Instrument des Rahmenbeschlusses war innerhalb der EU-Mitgliedstaaten nicht mehrheitsfähig) und es jedenfalls gelungen ist, in der Richtlinie Regelungen mit Augenmaß (z. B. keine Speicherung von Gesprächsinhalten, Beschränkung der Speicherungsfrist auf 6 Monate, Datenabfrage nur bei Verdacht erheblicher oder mittels Telekommunikation begangener Straftaten) zu erreichen. Nur deshalb weil die Bundesregierung diesen Weg der Richtlinie mitgetragen hat, hatte sie die Möglichkeit, diese Kautelen im Text der Richtlinie zu verankern. Der Richtigkeit dieser Entscheidung stehen auch nachträglich eingetretene Umstände nicht entgegen. Weder aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 30. Mai 2006 in Sachen Übermittlung von Fluggastdaten, noch aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 4. April 2006 in Sachen Rasterfahndung lässt sich zwingend ableiten, dass die Richtlinie von der Form oder vom Inhalt her rechtswidrig wäre.

Die Richtlinie ist bis zum 15. September 2007 in nationales Recht umzusetzen. Die Bundesregierung hat in dem Gesetzentwurf zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung Regelungen vorgesehen, mit denen dies geschieht. Nachdem der Bundesrat seine Stellungnahme abgegeben und die Bundesregierung ihre Gegenäußerung im Kabinett beschlossen hat, wird sich der Deutsche Bundestag nunmehr mit dem Gesetzgebungsvorhaben befassen. Mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung werden die oben genannten Vorgaben, mit denen sowohl dem Interesse an einer effektiven Strafverfolgung als auch dem Schutz der Grundrechte in ausgewogener Weise Rechnung getragen wird, eingehalten.

Videoüberwachung
Die Videoüberwachung von öffentlichen Plätzen und Verkehrsmitteln hat nicht nur bei der Ermittlung von Tätern, sondern auch bei der Verhütung von Straftaten erhebliche Beiträge geleistet. Ich verweise hier u. a. auf die versuchten Anschläge an deutschen Bahnhöfen. Auch die schnellen Ermittlungserfolge nach den versuchten Anschlägen in Großbritannien zeigen noch einmal deutlich, wie wichtig und richtig die Videoüberwachung als Mittel der Terrorbekämpfung ist. Ohne die Bilder der Überwachungskameras hätten die Tatverdächtigen nicht so schnell ermittelt und festgenommen werden können. Videokameras gehören für die Bürgerinnen und Bürger längst zum gewohnten Alltag. In Banken, Tankstellen oder Kaufhäusern gehören Kameras zum normalen Inventar und sorgen für eine Verbesserung des Sicherheitsempfindens der Menschen. Die Aufnahmen werden im Übrigen nur zur Ermittlung schwerer Straftaten herangezogen.

Mit freundlichen Grüßen

Hans-Werner Kammer