Warum Impfpflicht für alle, wenn fast alle Corona-Toten Vorerkrankungen hatten? Warum entscheidet nicht der Arzt nach Untersuchung?

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Frage von Adam N. •

Warum Impfpflicht für alle, wenn fast alle Corona-Toten Vorerkrankungen hatten? Warum entscheidet nicht der Arzt nach Untersuchung?

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Sehr geehrter Herr N.,

wenn Herr Prof. Dr. Püschel auch auf Vorerkrankungen verweist, kam er bei seinen Obduktionen im Frühjahr 2020 dennoch zum Schluss, dass bei 195 der 204 Obduzierten „die COVID-19-Infektion todesursächlich war". (https://www.hamburg.de/coronavirus/13907738/2020-05-11-coronavius-aktueller-stand/)  Dieser Befund ist wissenschaftlich bestätigt, seine Evidenz unbestritten.

Aber zu Ihrer Frage: Impfungen haben einen individuellen und einen gesellschaftlichen Nutzen. Individuell geht es darum schwere und tödliche Verläufe zu verhindern. Im Falle von Covid kommt es bei einer Infektion nach Impfung außerdem deutlich seltener zu Langzeitfolgen.

Bei der Pandemiebekämpfung und in unserem Gesundheitswesen allgemein geht es aber nicht nur darum Todesfälle zu verhindern. Ziel ist der Schutz der Gesundheit im Sinne des umfassenden Wohlergehens. Die Aufgabe der Gesundheitspolitik und des Gesundheitssystems ist es dafür zu sorgen, dass Mittel, die die Gesundheit fördern und Krankheiten verhindern oder lindern, für alle zur Verfügung stehen, damit alle Menschen möglichst gesund leben können.

Für die Krankheit Covid gibt es ein - in Deutschland inzwischen von 62 Millionen Bürger*innen - erprobtes Mittel, das eindeutig die Krankheit lindert, nämlich die Impfung. Hier sei der Hinweis erlaubt, dass sich die bis April 2020 in Hamburg verstorbenen Menschen, auf die sich die von Ihnen verlinkten Artikel beziehen, wegen noch nicht verfügbarem Impfstoffen bzw. Vorerkrankungen gar nicht impfen lassen konnten. Oder anders gesagt, eine Impfung hätte vielen von Ihnen vermutlich das Leben gerettet. Empirisch ist nachgewiesen, dass Ungeimpfte aufgrund einer Covid-Infektion 17mal häufiger intensivmedizinisch behandelt werden müssen, als Menschen mit vollem Impfschutz.

Damit sind wir beim gesellschaftlichen Nutzen der Impfung. Intensivmedizin benötigen nicht nur Menschen, die an Covid erkranken. Durch hohe Impfquoten verhindern wir eine Überlastung des Gesundheitssystems und stellen sicher, dass Intensivmedizin für akute Notfälle und notwendige andere Operationen zur Verfügung steht.

Eine hohe allgemeine Impfquote sorgt außerdem für den Schutz derjenigen, die sich nicht impfen lassen können. Das sind zurzeit Kinder unter 5 Jahren und viele Menschen mit Vorerkrankungen. Wenn man sich selbst aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen kann, hilft es, wenn alle um einen herum geimpft sind.

Damit dieser Schutz wirksam ist, braucht es eine sehr hohe allgemeine Impfquote in der Bevölkerung. Da diese auf freiwilliger Basis bisher nicht erreicht wurde, wird nun eine allgemeine Impfpflicht diskutiert. Falls Sie sich für meine Position dazu interessieren, schauen Sie gerne in meine Rede, die ich zur Orientierungsdebatte im Bundestag zur Protokoll gegeben habe: https://holger-mann.de/aktuelles/rede-zu-protokoll-debatte-zur-sars-cov-2-impfpflicht-am-26-januar-2022-im-deutschen-bundestag/.

Mit freundlichen Grüßen

Holger Mann

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