Frage an Josephine Ortleb bezüglich Menschenrechte

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Josephine Ortleb
SPD
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Frage von Jonas H. •

Frage an Josephine Ortleb von Jonas H. bezüglich Menschenrechte

Sehr geehrte Frau Ortleb,

laut einer repräsentativen Umfrage, die die Generationen-Stiftung anlässlich der bevorstehenden Bundestagswahl in Auftrag gegeben hat, sind über 80% der befragten jungen Menschen (im Alter 16 bis 26 Jahre) der Ansicht, dass die derzeitige Regierung die Interessen junger Menschen trotz vieler Proteste in den letzten Jahren ignoriert. (Quelle: https://bit.ly/3hi9K7O)

Vier Fragen dazu:

1) Wie sehen Ihre KONKRETEN Vorschläge für eine generationengerechte Politik aus, die die wissenschaftlich als notwendig erachteten Veränderungen bringen, um die Lebensgrundlagen der jungen Menschen und künftiger Generationen umfassend zu schützen?

2) Sind Sie für einen echten 1,5-Grad-Kurs?

3) Wie stehen Sie zu den Vorschlägen des Positionspapiers “Kompass Klimazukunft” von Together for Future e.V. wie z.B. ein wissenschaftliches 1,5-Grad-Emissionsbudget, die schnellere Erhöhung des CO2-Preises mit Sozialausgleich und die Senkung fossiler Steuer-Privilegien? https://kompass-klimazukunft.de/

4) Am 30. Juni 2021 hat der repräsentative "Bürgerrat Klima" (60 Menschen, zufällig ausgewählt aus ganz Deutschland) nach rund 8 Wochen und 50 Arbeitsstunden seine politischen Empfehlungen zu der Frage wie Deutschland die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens erreichen kann (unter Berücksichtigung gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und ökologischer Gesichtspunkte) veröffentlicht (hier zu finden: https://buergerrat-klima.de/wieso-ein-buergerrat-klima/die-ergebnisse).
Falls Sie im September erneut in den Bundestag gewählt werden sollten, welche Selbstverpflichtung über die Verwendung oder Nicht-Verwendung dieser Empfehlungen sind Sie bereit einzugehen? Wären Sie bereit, sich dazu zu verpflichten, die Ergebnisse des Bürgerrates Klima für die eigene politische Arbeit sorgfältig und in öffentlicher Debatte zu prüfen und gegebenenfalls im Detail zu begründen, warum sie Ergebnisse nicht berücksichtigen können oder wollen?

MfG

Jonas Heintz

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Heinz,

vielen Dank für Ihre Nachricht vom 05. Juli, in der Sie mir Ihre Bedenken zur derzeitigen Klimapolitik mitteilen. Im Folgenden würde ich gerne versuchen Ihre Fragen vollständig zu beantworten und Ihnen meine Ansichten zu diesen Themen mitzuteilen.
Gerade junge Personen haben in den letzten Wochen und Monaten sehr gelitten und wurden oft überhört. Dabei sollte gerade auf diese mehr geachtet, bzw. diese mehr eingebunden werden. Weiterhin über den Kopf der jungen Leute hinweg zu entscheiden wäre nicht nur moralisch falsch. Wir sollten auch für unsere Nachkommen eine Lebenswerte Zukunft ermöglichen und diese nicht unsere „Fehler“ ausbaden lassen. Und dies geht am besten, wenn man auch unterschiedliche Meinungen mit einbezieht und stetig nach einem Lösungsansatz sucht, der für alle Beteiligten zu einem guten Ergebnis kommt.

Ich finde es daher bewundernswert, wie sehr Sie sich für eine bessere Nachwelt einsetzen. Denn wie Sie richtig erkannt haben: jetzt ist die Zeit zum Handeln. Das finden auch wir als SPD. Daher setzen wir uns nicht nur seit Jahren bereits für eine bessere Welt und den Schutz von Mensch und Natur ein, nein wir haben uns für die kommende Legislaturperiode sogar noch einmal höhere Ziele gesteckt.

Denn das Urteil des Verfassungsgerichts hat es gezeigt: derzeit tun wir noch nicht genug. Wie zuvor von der SPD Bundestagsfraktion gefordert und von unserem Koalitionspartner abgeschmettert werden unsere Ziele zur planbaren und verlässlichen Verringerung der CO2-Emmissionen auch über das Jahr 2030 hinaus bestehen bleiben. Auch die Klimaneutralität nicht erst im Jahre 2050, sondern bereits mindestens fünf Jahre früher ist nun nicht mehr nur ein Punkt in der Agenda des Zukunftsprogramms, sondern seit Mai auf Anregung des BVerfG ein festgeschriebener Bestandteil unseres Klimaschutzgesetzes.

Denn was den Klimaschutz angeht wollen wir Vorreiter in Europa sein. Das Erreichen der europäischen Klimaschutzziele ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Aber wir dürfen uns eben nicht damit zufrieden geben, dass bis 2030 55 % weniger Treibhausgase als 1990 ausgestoßen werden. Natürlich ist dies ein guter Ansatz, aber wir finden: da geht noch mehr! So wollen wir mit einem guten Beispiel voran gehen und mindesten 65% der Treibhausemissionen einsparen. Klimaschutz ist für uns kein Trend auf den man aufspringt, sondern eine Jahrhundertaufgabe. Eine Aufgabe, die gerade dafür sorgt, dass es in hundert und zweihundert Jahren für unsere nachfolgenden Generationen noch einen Ort zu leben gibt.

Der 1,5 Grad Kurs, ein Thema, das uns derzeit alle umtreibt. Und auch ich bin fasziniert von dieser Idee. Klimapolitik muss jedoch auch immer verwirklichbar sein können. Und da sehe ich beim 1,5 Grad Ziel erhebliche Schwierigkeiten. Häufig wird vorgebracht, dass jedes Land nur noch ein kleines Budget an Treibhausgasen habe, damit die Erderwärmung nicht 1,5 Grad überschreitet. Hierbei bleiben jedoch viele wissenschaftliche, politische und rechtliche Faktoren unbeachtet. Unter anderem der Klimawissenschaftler Anders Levermann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung wies gegenüber der TAZ auf Gefahren hin, die entstehen würden, wenn die Politik den mathematischen Ansatz eines Restbudgets an Treibhausgasen auf politische Prozesse übertragen würde, ohne die sozialen oder wirtschaftlichen Konsequenzen zu betrachten. Das Restbudget für eine Erreichen von 1,5 Grad wäre so klein, dass beispielsweise die Vereinigten
Staaten ab 2023 klimaneutral sein müssten. Dies ist in der Praxis schlichtweg nicht umzusetzen. Es würde bedeuten, dass innerhalb von drei Jahren alle Kohlekraftwerke, alle Gaswerke, alle Ölkraftwerke und alle Verbrennungsmotoren ausgeschaltet sein müssten und es auch keine Betonproduktion mehr geben dürfte. Klimapolitik muss immer für alle möglich und bezahlbar sein. Und derzeit sehe ich die Gefahr, dass ein Großteil der Bevölkerung bei einem 1,5 Grad Ziel außen vor bliebe.

Viele haben den Ernst der Lage jedoch immer noch nicht begriffen. Daher bin ich immer wieder froh, wenn ich von Menschen wie Ihnen erfahre, die sich aktiv für eine bessere Welt einsetzen. Ihr Engagement und Ihre Kritik sind wichtig und regen auch zum Nachdenken an. Etwas, was gerade in der heutigen Zeit sehr wichtig ist. Dementsprechend interessant fand ich die Lektüre der Empfehlungen des Bürgerrates sehr interessant. Auch wenn ich nicht alle 106 Seiten minuziös gelesen habe, nahm ich mir dennoch die Zeit, um den Kern der Aussagen des Positionspapiers des Bürgerrat Klima zu erfassen. Besonders die Forderung nach technischen Innovationen, sowie der Vorschlag eines Transformationsprozesses in allen Bereichen des öffentlichen Lebens, wie Politik, Wirtschaft und Gesellschaft entsprechen auch meinen Ansätzen zur Erreichung der Klimaziele.

Ich bedanke mich daher noch einmal herzlich für Ihre Nachricht. Gerne können Sie sich auch in Zukunft bei Fragen und Anregungen an mich oder mein Team wenden. Ich wünsche Ihnen weiterhin alles Gute und viel Gesundheit!

Mit freundlichen Grüßen
Josephine Ortleb, MdB

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