Frage an Lars Harms bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Lars Harms
SSW
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Frage von Harald P. •

Frage an Lars Harms von Harald P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Harms, Sie haben im Landtag im Zusammenhang mit der Arbeit der Küstenkoalition gesagt: "Wir sind die Geilsten!".

Können Sie mir als Wähler bitte erklären, warum und wieso Sie so etwas sagen.

Sie wollen als SSW Großgemeinden einführen. Halten Sie dies nicht für einen Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung? Dazu gab es doch schon eine Reihe von Gutachten und Diskussionen? Wo ist der Mehrwert?

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Antwort von
SSW

Sehr geehrter Herr P.,

gerne beantworte ich Ihre Fragen. Mein Ausspruch stammt aus einer Landtagsdebatte, in der ich am Ende meiner Rede die gute und freundschaftliche Zusammenarbeit in der Küstenkoalition angesprochen habe und mit einem Zwinkern im Auge den genannten Satz ausgesprochen habe.

Die Erfolge der Küstenkoalition vollständig aufzulisten, würde glaube ich den Rahmen einer Antwort sprengen. Allerdings sei so viel gesagt: Wir haben mehr Leher und mehr Polizisten eingestellt. Wir haben die Justiz und die Kultur gestärkt. Wir haben wieder ein gutes Verhältnis mit unseren Nachbarn; insbesondere mit Dänemark. Wir haben wieder eine progressive MInderheitenpolitik. Wir haben für mehr soziale Gerechtigkeit gesorgt. Wir haben erhebliche Erfolge in der Wirtschaftspolitik, die auch zu einer historisch geringen Arbeitslosigkeit geführt hat. Wir investieren mehr in Verkehrswege als es unsere Vorgänger getan haben. Und wir haben dabei den Landeshaushalt saniert und erstmals seit Jahrzehnten wieder Überschüsse erwirtschaftet. Alles in Allem also eine Bilanz, die sich durchaus sehen lassen kann.

Kommen wir nun zur Gemeindegebietsreform. Der SSW fordert im Prinzip die Umwandlung der bestehenden Ämter in größere Gemeinden. Wir sagen, dass eine Gemeinde mindestens 8.000 Einwohner haben sollte. Dies ist eine Größe, die immer noch so überschaubar ist, dass man auch die zuständigen Gemeindevertreter und Bürgermeister ohne Schwierigkeiten antreffen kann. Wir versprechen uns davon insbesondere, dass sich die Verwaltung mit den wirklich wichtigen Dingen beschäftigen kann und nicht durch unzählige Aufgaben in der Dorfverwaltung aufgehalten wird. In unzähligen Verantstaltungen habe ich dieses Thema immer wieder angesprochen und immer wieder Zuspruch bekommen. Auch das immer wieder gerne benutzte Argument, das ehrenamtliche Engagement würde dann zurück gehen, zieht hier nicht. Erstens gibt es Ehrenamt auch sehr vielfältig in den Städten und zweitens haben auf meine Frage in Diskussionen, ob jemand, weil die Gemeidestruktur geändert werden würde, aus der Feuerwehr austreten oder man seinen Job als ehrenamtlicher Fussballtrainer einer Jugendmannschaft aufgeben würde, alle immer wieder mit "Nein!" geantwortet.

Was die Gemeindereform angeht folgen hier nun die wichtigsten Argumente:

- Demokratiedefizit Nr. 1 (Direkt wählen; nicht entsenden): 327 von rund
1.100 Kommunen hatten in 2013 nur noch eine Wählerliste für Kommunalwahlen.
Dass heißt, die Wahlmöglichkeiten waren gleich Null.
- Demokratiedefizit Nr. 2: In kleinen Kommunen unter 200 Ew. sind bis zu
12,07 % der Stimmen für ein Mandat notwendig (bis 750 9,46 %, bis 1.250
7,61 % und bis 2.000 6,25%, …). Je größer die kommunale Ebene ist, desto
geringer ist das maximale Eintrittsquorum (zw. 5.001-10.000 Ew 4,07 %
danach zw. 1,5 und rund 3 %). Dass heißt, es gibt mehr Wahlmöglichkeiten in
größeren Einheiten und alle erhalten eine realistische Chance auf ein
Mandat.

- Demokratiedefizit Nr. 3: Auf Amtsebene können aus rechtlichen Gründen
keine Bürgerentscheide durchgeführt werden, weil Ämter nicht wie Kommunen
die Gebietshoheit haben. Wären sie goße Gemeineden ginge dies. Das heißt,
Bürger in Städten haben mehr Rechte als Bürger in ländlichen Gemeinden.
-

Demokratiedefizit Nr. 4: Ämter, Zweckverbände und Aktivregions-Vertreter
nicht direkt vom Volk gewählt. In großen Gemeinden wäre dies aber so.
-

Leichtere Beteiligung von Jugendlichen gem. §47f GO
-

Begrenzte Zuständigkeiten der heutigen Ämter (5 von 19er-Katalog). Ein
große gemeinde könnte für mehr Dinge zuständig sein und diese so effektiver
verwalten.
-

Darüber hinaus Delegation in Zweckverbände und Aktivregionen. Dadurch
werden Entscheidungen in Gremien verlagert, die nicht direkt von den
Bürgern beeinflusst werden können.
-

Örtliche Interessen überwiegen und *müssen* auch durch die Vertreter des
Ortes umgesetzt werden (systemimmanent). das bedeutet ständiger Zwist
zwischen Kleinstgemeinden anstatt Zusammenarbeit zum Wohle aller.
-

Demografischer Wandel zwingt zu gemeinsamen Entscheidungen ohne die
Fokussierung auf örtliche Interessen.
-

Leichtere Abstimmung bei gemeinsamer IT u.s.w.
-

Kurze Wege bei Planungen und Entscheidungen schaffen; deshalb eine Ebene
einsparen.
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Größere Kommunen können ein Gegengewicht zu den Städten bilden.
-

Zentralörtliches System könnte bei Einführung von größeren Kommunen
überarbeitet werden (Großkommune kann dann selbst entscheiden, wo gebaut
wird und wo sich Gewerbe entwickeln soll – derzeit Konkurrenz unter den
kleinen Kommunen und Schwierigkeiten, wenn Kommunen das Baukontingent schon
erschöpft haben und keine andere Kommune Baukontingente zur Verfügung
stellt).
-

Steuereinnahmen in den „Zentren“ kommen dann auch den kleinen Orten
zugute.
-

Steuereinnahmen aus Windenergie kommen allen Regionen zugute und nicht
nur den „kleinen“ Kommunen, in denen die Windmühlen stehen –
Windmühlengesellschaften stünden dann ebenfalls allen offen.
-

Wenn zugewiesene Flächen für Einfamilienhausbau ausgeschöpft werden,
verweigern Nachbargemeinden oft Übertragung an Baurechten. Bessere Planung
und Verteilung der Baugebiete bei größeren Kommunen.
-

Weiteste Entfernung zum Rathaus: Kiel 16,7 km, Lübeck 20,2 km, Flensburg
7 km, Neumünster 10,3 km. Das heißt, dass auch in Städten weitere Wege zur
Verwaltung anstehen und man trotzdem Bürgernah verwaltet wird.
-

Örtliche Identität bleibt erhalten (Ortsschilder bleiben). Es könnten
auuch immer noch Ortsbeiräte mit besonderen Aufgaben gebildet werden.
-

Ehemalige Dörfer können zu Dorfschaften werden und Ortsbeiräte mit
Finanzverantwortung in bestimmten Bereichen eingerichtet werden (hier
könnte man den Großkommunen die optionale Möglichkeit geben, solche
Ortsbeiräte einzurichten).
-

Für die Inseln (Helgoland) & Halligen kann es aufgrund der geografischen
Beliegenheit Ausnahmen von der Mindest-Einwohnergröße geben.
-

Beispiele könnten die Verbandsgemeinden in RP oder auch die
Großgemeinden/Samtgemeinden in NS sein.

Ich hoffe ich habe IHnen mit meinen Ausführungen weiter helfen können.

Mit den besten Grüßen

Lars Harms

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