Frage an Matthias Bartke bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

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Frage an Matthias Bartke von Mathias D. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Der Krieg in Syrien ist längst nicht vorbei, in der Türkei etabliert sich eine zumindest autokratische Regierung, was im Irak vor sich geht, habe ich inzwischen aus den Augen verloren. Hat die SPD im Allgemeinen oder Sie im Besonderen eine Idee, wie sich die Probleme der kurdischen Bevölkerung in diesen Staaten lösen lässt?

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Sehr geehrter Herr D.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage.

Die Entwicklung in Nahost ist in der Tat sehr besorgniserregend. Der vor einigen Jahren begonnene Versöhnungsprozess zwischen dem türkischen Staat und den Kurden ist leider inzwischen vollständig gescheitert. Offenbar plant die Türkei unter Erdogan nun auch noch, in die syrisch-kurdische Region einzumarschieren, um die kurdische YPG zu bekämpfen. In Syrien haben die Angriffe auf kurdische PYD/YPG-Stellungen in der Vergangenheit weder zu einer Lösung des Syrien-Konflikts noch zum Kampf gegen den sog. „Islamischen Staat“ beigetragen. Die Türkei stellt sich mit ihrem Vorgehen damit auch gegen ihre westlichen Bündnispartner und entwickelt sich zu einem problematischen Spieler mit Blick auf Syrien. Die Rolle der Türkei ist auch deshalb besonders bitter, weil Erdogan ursprünglich sehr positiv begonnen hatte: Er hat das Land wirtschaftlich modernisiert, es näher an Europa gebracht und den Konflikt mit den Kurden deutlich entschärft.

Es war aber insbesondere die deutsche Kanzlerin, die mit ihrer sehr frühzeitigen Festlegung gegen eine türkische EU-Mitgliedschaft und für eine sog. "privilegierte Partnerschaft" der Türkei von vornherein deutlich gemacht hat, dass für sie kein Platz im "Haus Europa" sei. Gerhard Schröder wollte die Türkei damals aus sicherheitspolitischen Erwägungen in die EU holen. "Lieber einen demokratischen Brückenkopf in der islamischen Welt als einen islamischen Brückenkopf in der westlichen Welt" war sein Credo. Die strikte Ablehnung der türkischen EU-Mitgliedschaft hat nach meiner Ansicht maßgeblichen Anteil an der zunehmenden Radikalisierung Erdogans. Aber das Rad lässt sich bekanntlich nicht zurückdrehen und man muss mit der aktuellen Situation umgehen. Tatsächlich ist unser Einfluss auf die handelnden Akteure in der Region gering.

Ich hatte die Gelegenheit den damaligen Außenminister Steinmeier auf einer Reise in den irakischen Teil Kurdistans zu begleiten. Die irakischen Kurden verfügen über weitgehende Autonomie, sind aber nicht unabhängig. Sozialdemokratische Außenminister versuchen immer, als ehrliche Makler in der Region zu agieren und sind dafür auch sehr geschätzt - wie sich zuletzt beim Iran-Abkommen gezeigt hat.

Ich halte nichts von der Gründung eines eigenständigen kurdischen Staates - einen kurdischen Unabhängigkeitskrieg ist das Letzte, was die Region jetzt noch braucht. Ich unterstütze aber alle Initiativen, die dazu beitragen, mit friedlichen Mitteln das Leben der kurdischen Bevölkerung in der Region zu verbessern. Die politisch Verantwortlichen in der Türkei, im Irak und in Syrien sind aufgefordert, die Rechte der kurdischen Bevölkerung zu achten und alle Schritte zu unterlassen, die dem entgegenstehen. Die verantwortlichen Kräfte auf kurdischer Seite sind ebenfalls aufgefordert, einseitige und konfliktverschärfende Schritte zu unterlassen. Terroranschläge, wie sie in der Vergangenheit insbesondere auf dem Gebiet der Türkei verübt wurden, verurteile ich auf das Schärfste.

Mit freundlichen Grüßen
Matthias Bartke