Frage an Matthias Schmidt von Stefan G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Matthias Schmidt,
wie Sie sicherlich wissen, planen Erdogan-Anhänger für den 31.07.16 eine Demonstration auf der Kölner Domplatte. Auf dieser Demonstration werden mehrere zehntausend Anhänger Erdogans erwartet.
Ich sage es Ihnen in aller Deutlichkeit: Ich lehne diese Machtdemonstration auf´s Schärfste ab. Wenn ich als deutscher Staatsbürger nicht mittlerweile um mein Leben fürchten müsste, wenn ich mich dem entgegenstelle, würde ich augenblicklich eine Online-Petition starten, die das Verbot einer solchen Demo fordert oder gar selbst in Köln auf die Straße gehen.
Wir leben hier in Deutschland und nicht in der Türkei. Ich fliege auch nicht in die USA, um dort eine Demonstration für Angela Merkel zu veranstalten. Darüber hinaus ist dies nicht nur ein fatales Zeichen in Sachen Integration und Identifikation mit Deutschland der deutschtürkischen Staatsbürger, es ist vor allem auch ein fatales Zeichen in Richtung Demokratie. Eine Demonstration für einen quasi Diktator auf deutschem Boden, der in der Türkei derzeit Sachen veranstaltet, die nicht wenige an ganz düstere deutsche Zeiten erinnert, gehört meines Erachtens untersagt!
Mittlerweile frage ich mich ernsthaft, wo wir hier eigentlich leben und weshalb türkische Nationalisten hier offensichtlich Narrenfreiheit genießen. Darüber hinaus sehe ich diese Demonstration als weitere Provokation gegenüber den anderen deutschen Staatsbürgern an. Sie sind doch sonst so um die Wahrung des sozialen Friedens mit allen Mitteln bemüht. Wieso lässt man dies gerade in einer so aufgeheizten Stimmung zu?
Eine baldige Stellungnahme von Ihnen zu diesem Thema würde ich mir sehr wünschen.
Mit freundlichen Grußen
Stefan Gross
Sehr geehrter Herr Gross,
herzlichen Dank für Ihre Zuschrift bei abgeordnetenwatch, die ich gerne beantworte.
Meinungs- und Demonstrationsfreiheit gehören zu den tragenden Säulen unserer Demokratie. Dabei steht besonders häufig die Regierungspolitik im Fokus der Kritik. Gerade als Bundestagsabgeordneter und Mitglied der Regierungskoalition werde ich diese Grundrechte stets verteidigen, auch wenn es mir im Einzelfall weh tut.
So ist es auch hier. Die angekündigte Demonstration in Köln ist auch unter dem Aspekt der Integration schwierig und Ihr Gegenbeispiel (in USA für Merkel demonstrieren) zeigt die ganze Widersprüchlichkeit plakativ auf.
Gleichwohl wird es in Deutschland Gegendemonstrationen geben, denen Sie sich durchaus anschließen können. Genauso wie wir der einen Seite das Demonstrationsrecht zubilligen (müssen), erhält auch die andere Seite ihr Recht. Wir leben in einem freien Land, das beide Demonstrationen durch Polizeipräsenz sichern wird. Sie sollten Ihre nachvollziehbare Angst überwinden.
Einen Schaden für die Demokratie erkenne ich hierin nicht. Im Gegenteil, die Demokratie wird stärker, wenn sie auch schwierige Meinungen zulässt. Das unterscheidet uns deutlich von der derzeitigen Situation in der Türkei.
Herzliche Grüße
Matthias Schmidt