Frage an Michael Friedrichs bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Frage von Kay S. •

Frage an Michael Friedrichs von Kay S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Wieso werden die Maghreb von Ihrer Partei nicht als Sichere Herkunftsstaaten anerkannt, jedoch ohne weiter Konsequenzen. Diese Sollte heißen, wenn es ja so unsichere Herkunftsländer sind: Reisewarung, Stopp aller Hilfszahlungen. Denn wer A sagt muss auch B sagen. Wie stehen Sie zu meiner Aussage?

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DIE LINKE

Sehr geehrter Herr S.,

der Begriff des sicheren Herkunftslandes ist ein Konstrukt aus dem Asylrecht. Er soll die Bearbeitung von Asylverfahren beschleunigen. Bei Menschen, die aus einem sog. „sicheren“ Herkunftsland kommen, wird der Asylantrag ohne weitere Prüfung pauschal abgelehnt. Diese pauschale Behandlung ist ohnehin schon problematisch, da das Recht auf Asyl ein individuelles Recht ist und daher auch immer eine individuelle Prüfung stattfinden sollte. Wird ein Asylbewerber als sog. „Wirtschaftsflüchtling“ eingeschätzt, kann er ohnehin in jedes Land der Erde abgeschoben werden. Diese Prüfung findet bei Menschen aus „sicheren“ Herkunftsländern dann aber gar nicht mehr statt. DIE LINKE setzt sich aber dafür ein, dass auch diesen Menschen hier eine Perspektive geboten wird. Wir sehen keinen Unterschied zwischen Lebensbedrohungen, die durch Krieg und Verfolgung verursacht werden und so einen Asylanspruch begründen, oder solchen, die schlicht und ergreifend durch Hunger entstehen, was keinen Asylanspruch begründet. Am allerbesten wäre es natürlich, wenn es all diese Gründe gar nicht geben würde. Daher setzen wir uns zum einen für eine diplomatische Lösung von militärischen Konflikten ein und lehnen eine aktive Beteiligung der Bundeswehr entschieden ab. Zum anderen entziehen unfaire Freihandelsabkommen der EU mit Ländern des globalen Südens und der ebenfalls von den Industrienationen des globalen Nordens verursachte Klimawandel den Menschen im globalen Süden die Lebensgrundlagen. Diese Probleme müssen dringend angegangen werden, denn kein Mensch nimmt die großen Gefahren einer Flucht nach Europa freiwillig auf sich.

In allen Maghreb-Staaten kommt es zu Menschenrechtsverletzungen. Daher muss eine pauschale Ablehnung von Asylanträgen abgelehnt werden. Bisher sind die Maghreb-Staaten ja auch noch nicht als sichere Herkunftsländer eingestuft worden. Die Bundesregierung konnte sich damit ja noch nicht durchsetzen.

Reisewarnungen stehen auf einer anderen rechtlichen Basis. Sie sollen deutsche Staatsbürgerinnen und -bürger warnen, in diese Länder einzureisen. Urlaubern und Geschäftsreisenden gegenüber wird aber häufig mehr Toleranz entgegen gebracht als Einheimischen, insofern verzichtet die derzeitige Bundesregierung vermutlich bisher mit einer Ausnahme auf Reisewarnungen. Ich persönlich würde allerdings bei allen Einreisen in Staaten, in denen Menschenrechte verletzt werden, eine Reisewarnung aussprechen wollen. Die Ausnahme ist Algerien, für das eine recht umfängliche Teilreisewarnung existiert (www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/AlgerienSicherheit_node.html).

Interessant ist, dass für die beim jüngsten „Migrations-Gipfel“ am 28.08.2017 in Paris als „Auffangländer“ für Flüchtlinge nominierten Staaten Libyen, Niger und Tschad allesamt Teilreisewarnungen bestehen.

Beste Grüße

Michael Friedrichs