Frage an Monika Hohlmeier bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Monika Hohlmeier
CSU
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Frage von Sebastian B. •

Frage an Monika Hohlmeier von Sebastian B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Hohlmeier,

wie Ihnen sicherlich bekannt ist, hat das Bundesverfassungsgericht in Deutschland kürzlich die sogenannte Vorratsdatenspeicherung für Verfassungswidrig erklärt. Die deutsche Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG über die Vorratsspeicherung von Daten ist somit gekippt. Eine neue Regelung ist nur unter sehr bestimmten Auflagen Verfassungskonform.
Auch in Rumänien wurde die Vorratsdatenspeicherung vom Verfassungsgericht in der jetzigen Form erst mal gestoppt.

Meine Frage an Sie:
Besteht eine Möglichkeit, dass die EU die Richtlinie 2006/24/EG nun noch einmal vollständig überprüft und gegebenenfalls wieder abschafft? Wie bewerten Sie persönlich hier die Güterabwägung zwischen Freiheit und Sicherheit?

Sollte es noch Fragen Ihrerseits geben, so stehe ich Ihnen jeder Zeit und gerne zur Verfügung; zur weiteren Information empfehle ich Ihnen die Webseite des Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung (vorratsdatenspeicherung.de).

Vielen Danke für Ihre Arbeit und freundliche Grüße, Sebastian Bartsch

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Bartsch,

vielen Dank für ihre Anfrage über www.abgeordnetenwatch.de. Mit Urteil vom 2. März hat das Bundesverfassungsgericht die Vorratsdatenspeicherung, wie sie in Deutschland im Telekommunikationsgesetz geregelt ist, für verfassungswidrig erklärt. Die deutsche Umsetzung der europäischen Richtlinie 2006/24/EG ist demnach nichtig.

Nun zu ihrer Frage:
Wie auch das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat, lässt die Richtlinie 2006/24/EG den Mitgliedsstaaten einen weiten Gestaltungsspielraum dafür, wie die in ihr vorgeschriebene Speicherung von Telekommunikationsverkehrsdaten in den Mitgliedsstaaten umgesetzt wird. Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten zwar dazu, Betreibern von öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsnetzen und Kommunikationsdiensten die Speicherung von praktisch allen Telekommunikationsverkehrsdaten für eine Dauer von mindestens sechs Monaten vorzuschreiben, diese Speicherung ist nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichtes aber mit dem Grundgesetz vereinbar.
In welcher Form die Behörden der Mitgliedsstaaten die Daten verwenden dürfen, regelt die Richtlinie nicht. Ausgehend von der Richtlinie liegt es bei den Mitgliedsstaaten, die erforderlichen Maßnahmen zur Gewährleistung von Datensicherheit, Transparenz und Rechtsschutz zu ergreifen.

Ich denke nicht, dass die Richtlinie noch einmal vollständig geprüft und überarbeitet werden muss. Zunächst will ich anmerken, dass der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 10. Februar 2009 eine Nichtigkeitsklage Irlands gemäß Art. 230 EGV abgewiesen hat. Dabei stellte der Gerichtshof ausdrücklich klar, dass die Richtlinie rechtens ist.
Auch wenn eine Überprüfung der Richtlinie durch das Bundesverfassungsgericht am Maßstab der deutschen Grundrechte nicht möglich ist, stellte das Gericht doch fest, dass eine Umsetzung der Richtlinie im Einklang mit den Grundrechten des Deutschen Grundgesetzes möglich wäre. Hieraus ergibt sich, dass die Richtlinie sogar den strengen deutschen Grundrechtsstandards genügt.

Diese Tatsachen sprechen meiner Ansicht nach dafür, dass die Richtlinie nicht noch einmal grundsätzlich überarbeitet werden muss. Vielmehr kommt es auf eine gute Umsetzung durch den nationalen Gesetzgeber an.

Abwägung:
Freiheit und Sicherheit stellen für mich keine bloßen Gegensätze dar, sondern ergänzen sich gleichermaßen. Freiheit ist ein äußerst wichtiges Gut in unserer Gesellschaft, das es zu schützen und zu achten gilt. Gelebte Freiheit ist nur in einem Umfeld der Sicherheit zu gewährleisten. Hierbei kann es auch zu Eingriffen in die Freiheit des Einzelnen kommen.

Bei der vorliegenden Problemstellung muss jedoch beachtet werden, dass die Telekommunikationsdaten als wertvolles Instrument bei der Verfolgung von Straftaten insbesondere in den Bereichen der organisierten Kriminalität und des Terrorismus dienen.

Die Bekämpfung der Kriminalität wird durch den technischen Fortschritt und die gute Ausstattung vieler Krimineller insbesondere im terroristischen Bereich immer schwerer. Telekommunikationsdaten können hier entscheidende Hinweise liefern. Das rechtfertigt zwar keinen uneingeschränkten Zugriff auf sämtliche persönliche Daten, in Grenzen werden gewisse Informationen aber zur effektiven Verbrechensbekämpfung benötigt. Entscheidend ist ein sorgsamer Umgang mit den Daten. Hierfür zählt für mich bei der erneuten Umsetzung der Richtlinie in Deutschland die Gewährleistung der Sicherheit und Vermeidung von Miss-brauch der Daten, eine umfassende richterliche Überwachung und Transparenz.
Damit wird ein höchstmöglicher Schutz für alle Bürger gewährleistet.

Gleiches gilt übrigens auch im Bereich Swift. Das Europäische Parlament hat unlängst dem Interimsabkommen zur Übertragung von EU-Bankdaten an die USA über den Finanzdienstleister SWIFT seine Zustimmung verwehrt - aufgrund von Bedenken hinsichtlich Datenschutz, Verhältnismäßigkeit und Gegenseitigkeit.

Ich hoffe, ich konnte ihre Anfrage damit beantworten. Für weitere Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Monika Hohlmeier

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