Frage an Svenja Stadler bezüglich Umwelt

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Svenja Stadler
SPD
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Frage von Peter V. •

Frage an Svenja Stadler von Peter V. bezüglich Umwelt

Sehr geehrte Frau Stadler,

im Januar 2016 waren Sie hier auf AW der Ansicht, „dass die Zeit reif ist, das Ziel der Nachhaltigkeit in unser Grundgesetz aufzunehmen und ihm dadurch die Bedeutung einzuräumen, die es verdient“.
Bzgl. des weiteren Vorgehens verwiesen Sie auf eine Anhörung des parlamentarischen Beirates für nachhaltige Entwicklung (PBnE) im Juni 2016. Die geladenen Experten G. Schwan, H.-J. Papier, J. Wieland empfahlen ein Staatsziel Nachhaltigkeit im Grundgesetz. Bereits im Mai 2015 taten dies U. v. Weizsäcker, K. Töpfer und G. Baumann im Rahmen eines Symposiums. Die Diskussionen erreichten höchstes akademisches Niveau. - Die Adressaten aus Politik und Wirtschaft erreicht es offenbar nicht. Wie sonst kommt (nicht nur) Carsten Träger im Protokoll vom 1. Juni 2017 zur Beratung der Unterrichtung durch den PBnE zu dem Schluss:
„Wir alle führen Nachhaltigkeit in den Sonntagsreden im Mund. Es ist an der Zeit zu liefern“. – Ein Statement 15 Jahre!!! nach Verabschiedung der dt. Nachhaltigkeitsstrategie.
Ich habe die Aufzeichnungen der o.a. Veranstaltungen nachgehört. Carsten Träger hat recht. Es gibt einen umfänglichen Katalog von Vorschlägen, wie Nachhaltigkeit realisiert werden könnte – aber es passiert politisch nichts was die ökologische Situation verbessern könnte. Im Gegenteil, die Klimadaten erreichen neue Rekorde, die Umwelt- und Lebensmittelskandale reißen nicht ab - nahezu alle ökologischen Indikatoren der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie verfehlen ihre Ziele.
Vor dem Hintergrund des umfassenden ökologischen Wissensstands einerseits und den Verflechtungen von Politik und Wirtschaft (s. Dieselskandal) andererseits, drängt sich die Frage nach einem fehlenden politischen Willen auf.
Frau Stadler, wie sieht ihr persönliches Engagement für die nächste Legislaturperiode bzgl. (ökologischer) Nachhaltigkeit aus.

Mit freundlichen Grüßen
P. V.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr V.,

vielen Dank für Ihre Frage. Damit lassen Sie ein existenziell wichtiges Thema nicht in Vergessenheit geraten in Tagen, an denen uns andere Nachrichten aus der Welt aufwühlen und betroffen machen.

In diesem Jahr lag der earth overshoot day laut Wikipedia bereits am 2. August - so früh wie nie zuvor. Das heißt, die Menschheit hatte an diesem Tag bereits die natürlichen Ressourcen, die uns die Erde für dieses Jahr bereitstellen kann, aufgebraucht. Alles, was wir seither und bis zum Ende des Jahres verbrauchen, geht über die Kapazität der Erde zur Reproduktion dieser Ressourcen hinaus.
Das kann nicht so weitergehen.

Die Folgen dieses unverantwortlichen Raubbaus an der Natur machen sich bereits mehr und mehr bemerkbar. Die Unwetter in diesem Sommer haben nicht nur vielen in Deutschland Hab und Gut genommen, sondern sogar Todesopfer gefordert. Dabei "spielen" sich Naturkatastrophen weit größeren Ausmaßes in anderen Teilen der Erde ab. Als Opfer trifft es ausgerechnet meistens diejenigen, die an den auslösenden Umweltschädigungen einen durchschnittlich geringen Anteil haben. Gerecht ist das nicht. Mir ist es daher persönlich sehr wichtig, dass wir Sozialdemokraten uns Umweltgerechtigkeit zum Ziel gesetzt haben.

Klimaschutzpolitik, von uns auch verstanden als Friedenspolitik und Ausdruck internationaler Solidarität, hat dabei einen hohen Stellenwert. Wenn Sie unser Regierungsprogramm kennen, wissen Sie, dass wir aus dem Pariser Klimagipfel den Anspruch an Deutschland ableiten, bis 2020 den Ausstoß von CO2 im Vergleich zu 1990 um mindestens 40 Prozent zu senken und bis 2050 weitestgehend Treibhausgasneutralität zu erreichen. Hierfür werden wir den Klimaschutzplan 2050 weiterentwickeln und ein Klimaschutzgesetz schaffen. In ihm wird unter anderem die Überprüfung umweltschädlicher und wettbewerbsverzerrender Subventionen eine Rolle spielen.

Im Ausbau der erneuerbaren Energien liegt die Chance für größere Fairness auf dem Energiemarkt, die es zu nutzen gilt. Doch die Energiewende konsequent zu vollziehen bedeutet auch, neben dem Strommarkt ebenso den Wärme- und Verkehrssektor stärker in den Fokus zu nehmen. Ein hohes Potential liegt in der Energieeinsparung. Hierfür ist besonnenes Energienutzungsverhalten gefragt - und Kreativität für innovative Technologien. Wir wollen Deutschland zur energieeffizientesten Volkswirtschaft der Welt machen.

Bis zum vollständigen Umstieg auf saubere, erneuerbare Energien werden wir in unserem Energiemix mittelfristig noch auf fossile Energieträger angewiesen sein. Bei ihrer Gewinnung hat Trinkwasser- und Naturschutz aber höchste Priorität. Ein unbefristetes Verbot für unkonventionelles Fracking haben wir bereits durchgesetzt. Und in der konventionellen Erdgasförderung drängen wir darauf, die Schutzstandards zu überprüfen und beständig anzupassen.

Nur eine intakte Umwelt funktioniert als Lebensraum für Pflanze, Tier und Mensch. Doch der Flächenverbrauch ist derzeit zu groß in Deutschland. Wir müssen mit Entsiegelung und Umwandlung genutzter Flächen entgegensteuern, um wieder zu einem Gleichgewicht von Ver- und Entsiegelung zu kommen. Wir wollen planerische, konzeptionelle und finanzielle Voraussetzungen dafür schaffen, wieder mehr Natur in die Stadt zu bringen – in Wohngebiete, in Parks und auf Dächer.

Die Meere sind vor Verschmutzung konsequenter zu schützen. Ein großes Problem stellt dort u.a. inzwischen der Plastikmüll dar. Unbekümmert billig anschaffen und nach Gebrauch wegwerfen ist eine schlechte Angewohnheit unserer Konsumgesellschaft. Aus den Augen aus dem Sinn, aber nicht aus der Welt. Wenn wir nicht umdenken, weg von der Wegwerfkultur hin zur sinnvollen Kreislaufwirtschaft, dann beschert uns der ökologische Kreislauf unseren Müll von vorgestern an Orten und in Zusammenhängen, in denen wir es uns nicht wünschen: Plastik im Meeresfisch, Medikamentenrückstände im Trinkwasser, Gift in unseren Böden.

Die Stärkung von nachhaltigen Systemen, wie Leasing- und Leihsystemen ist einer unserer Ansätze dagegen. Zudem wollen wir Haushalte und Unternehmen stärker über ressourcenschonende Alternativen informieren. Ziel muss sein, Abfall zu vermeiden, Produkte langlebiger zu machen und mehr zu recyceln. Auch die öffentliche Beschaffung müssen wir stärker auf ressourcenschonende Produkte und Dienstleistungen ausrichten und das Thema stärker in der Aus- und Weiterbildung verankern.

Das sind nur einige von den Vorhaben, die ich gerne mit meinen Fraktionskolleginnen und -kollegen in der nächsten Legislaturperiode umsetzen möchte. Wir setzen dabei auf das Vertrauen der Wählerinnen und Wähler, uns die nötigen Mehrheiten dafür zu geben.

Mit freundlichen Grüßen
Svenja Stadler

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