Wie stehen Sie zum Umgang der Bundesregierung mit Geflüchteten Menschen?

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Tobias Pflüger
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Frage von Philipp R. •

Wie stehen Sie zum Umgang der Bundesregierung mit Geflüchteten Menschen?

Sehr geehrte Herr Pflüger, wie stehen Sie zum Umgang der Bundesregierung mit Geflüchteten Menschen? Die Würde des Menschen ist unantastbar und trotzdem wird dies allzuoft als die Würde des Deutschen ausgelegt.Wie kann es sein, dass der Politische Wille bei moralischen Fragen nicht so stark ist, wie bei monetären Fragen? Konkret das bürokratische Desaster bei der Rettung Afghanischer Ortskräfte und derer Familien.
Wie würden Sie eine solche Situation angehen, wenn Sie Mitglied des Bundestags oder sogar der Bundesregierung wären?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr R.,

ich stimme Ihnen voll zu. Der Umgang mit Geflüchteten ist bei der jetzigen von CDU/CSU und SPD getragenen Bundesregierung unerträglich. Ich halte den EU-Türkei-Deal für einen wesentlichen Fehler. Damit wird der Despot Erdogan milliardenschwer in seiner Repressionspolitik gegen Demokratinnen und Demokraten, gegen Journalistinnen und Journalisten, gegen viele Kurdinnen und Kurden, gegen die HDP als Oppositionspartei unterstützt. Damit muss Schluss sein. Und damit werden Geflüchtete abgehalten, um nach Europa zu kommen.

Das Sterbenlassen auf dem Mittelmeer muss aufhören. Es braucht eine staatliche, zivile Seenotrettung. Die EU und die von CDU/CSU und SPD getragene Bundesregierung sind an dem Tod vieler Geflüchteter mitverantwortlich. Statt mit den kriminellen Milizen der libyschen Küstenwache zusammenzuarbeiten muss zivile Seenotrettung möglich gemacht werden. Die Kriminalisierung von Seenotretter:innen auch durch EU-Staaten muss aufhören. Carola Rackete hat für die Menschen gehandelt, ihr Handeln ist für mich beispielgebend. Statt Frontex und Co. zu unterstützen, braucht es sichere Fluchtwege. Frontex muss aufgelöst werden.

Als Mitglied im Verteidigungsausschuss habe und werde ich mich weiterhin intensiv für die Aufnahme von gefährdeten Afghan:innen und ehemaligen Ortskräften einsetzen. Nicht wenige Afghan:innen und ehemalige Ortskräfte haben sich auch direkt an mich gewandt, ich habe sie so gut es geht und ging unterstützt.

Das SPD-geführte Auswärtige Amt hat es versäumt eine unbürokratische Aufnahme möglich zu machen. Es war völlig widersinnig, die Menschen aufzufordern, nach Kabul zu kommen und biometrische Daten dort aufzunehmen. Auch die Delegierung an die IOM (International Organization for Migration) hat überhaupt nicht funktioniert. Das CDU-geführte Verteidigungsministerium hat den Fehler gemacht, dass nicht mehr Ortskräfte gleich beim Abzug mitgenommen wurden. Und das CSU-geführte Innenministerium hat noch bis kurz vor dem Fall Kabuls an die Taliban Abschiebungen nach Afghanistan durchgeführt und gemeint, es gäbe sichere Regionen in Afghanistan. Das ist unerträglich.

Viele Ortskräfte haben sich auf die Zusagen der Bundesregierung verlassen und sind im Stich gelassen worden. Nun braucht es endlich großzügige Zusagen für die Aufnahme gefährdeten Afghan:innen und von ehemaligen Ortskräften. Die Bundesregierung muss die Ausreise in Nachbarstaaten explizit unterstützen und sowohl die Registrierung als auch die weitere Reise nach Deutschland ermöglichen. Dafür muss die Bundesregierung auch mit den Taliban verhandeln über Zusagen zur sicheren Ausreise von gefährdeten Afghan:innen und von ehemaligen Ortskräften.

Sehr geehrter Herr R., sie haben völlig recht: der Umgang der Bundesregierung mit geflüchteten Menschen ist unerträglich und sehr repressiv. Für mich gilt, genau das, was Sie schreiben: „Die Würde jeden Menschens ist unantastbar“.

Beste Grüße
Tobias Pflüger