Frage an Ute Vogt bezüglich Wirtschaft

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Ute Vogt
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Frage von Jasper G. •

Frage an Ute Vogt von Jasper G. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrte Frau Vogt,

mit Aufmerksamkeit verfolge ich die Verhandlungen zu den Handelsabkommen zwischen der EU und den USA. Während die öffentliche Debatte sich größtenteil um die Ausgestaltung der Schiedsgerichtsbarkeit dreht, ist die Frage nach der Harmonisierung der Standards nicht weniger relevant. So möchte ich gern von Ihnen wissen:
- wie/ob aus Ihrer Sicht sichergestellt werden kann, dass eine Harmonisierung der Standards insbesondere in verbrauchersensiblen Bereichen (Lebensmittelindustrie, Medikamente, Chemikalen) nicht auf eine effektive Absenkung auf den jeweils niedrigeren Standard hinausläuft, unabhängig ob jetzt der amerikanische oder europäische Standard niedriger ist. Also wie kann ein Race to the Bottom verhindert werden?
- wie/ob aus Ihrer Sicht eine Harmonisierung generell angesichts der erheblichen Unterschiede (Amerikanische Nachsorge- vs europäischen Vorsorgeprinzip) gelingen kann.

Zudem würde ich gerne von Ihnen wissen wie sie die geplante regulatorische Kooperation sowie die Einrichtung eines Regulatory Cooperation Council, in dem Industrievertreter exklusiven Zugang zu Gesetzesvorhaben erhalten sollen einschätzen. Diese wurde ja bereits von Frank Bsirske (Vorsitzender von Verdi) und Mario Ohoven (Präsident des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft) als potenzielle gefährlich für die parlamentarische Kontrolle benannt.

Und zuletzt würde mich noch interessieren, ob Sie als Abgeordnete sich ausreichend über die TTIP Verhandlungen informiert fühlen und insbesondere ob Sie die derzeitige Lösung, dass Abgeordnete -unter strengen Auflagen - im Leseraum des BMWI in die Verhandlungsunterlagen Einblick nehmen können, für ausreichend halten.

Mit freundlichen Grüßen,
J. Geipel

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SPD

Sehr geehrter Herr Geipel,

danke für Ihre Anfrage.

Handel sollte nicht nur frei, sondern vor allem fair gestaltet werden und er darf keine Standards absenken. Die Verhandlungen dürfen die Errungenschaften der EU im Bereich der Sozial-, Arbeits-, Umwelt-, Agrar-, Lebensmittel- und Gesundheitsstandards nicht in Frage stellen. Unser hohes Schutzniveau muss vielmehr erhalten bleiben. Dasselbe gilt für unser Niveau von Verbraucherrechten und das Vorsorgeprinzip.

Wenn unterschiedliche Schutzniveaus existieren, dürfen diese nicht nivelliert werden, schon gar nicht auf den kleinsten gemeinsamen Nenner. Im Übrigen geht es nicht nur darum, unsere Standards sicherzustellen, sondern auch darum, zukünftig noch höhere Standards und Normen setzen zu können. Da TTIP nicht nur Chancen, sondern auch Risiken birgt, wird es sehr darauf ankommen, was konkret als Ergebnis der Verhandlungen vorliegen wird.

Dies gilt auch für die regulatorische Kooperation. Diese darf demokratische Entscheidungsprozesse und auch die Gesetzgebungskompetenz der Parlamente weder in Frage stellen noch behindern. Auch die Regulierungsautonomie der jeweiligen Seite muss gewahrt sein. Ein Informationsaustausch zwischen regulierenden Behörden darf unter keinen Umständen zu einem Mitspracherecht für demokratisch nicht legitimierte Gremien führen. Der Vorwurf, dass Industrievertreter einen exklusiven Zugang erhalten sollen, ist nicht zutreffend. Es ist allerdings noch zu früh, um eine seriöse Aussage zur Arbeit des Regulierungsrats zu treffen.

Die Verhandlungen sollten so transparent wie möglich geführt werden. Von daher ist es wichtig, dass wir den Leseraum für Abgeordnete durchgesetzt haben. Ich hätte es besser gefunden, wenn dieser im Bundestag eingerichtet worden wäre. Mangelnde Transparenz führt zu Verunsicherung und Misstrauen. Eine offene und sachliche Debatte, ob im Bundestag oder in der Gesellschaft, wird es nur mit mehr Transparenz geben.

Freihandelsabkommen dürfen nicht um jeden Preis beschlossen werden. Die Entscheidung für oder gegen das Abkommen sollte aber nicht vorab, sondern anhand einer Prüfung und Bewertung des ausgehandelten Textes erfolgen. Unsere grundlegenden Werte dürfen unter keinen Umständen wirtschaftlichen Interessen geopfert werden.

Herzliche Grüße
Ute Vogt