Frage an Britta Haßelmann bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Britta Haßelmann
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Frage von Chris M. •

Frage an Britta Haßelmann von Chris M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Hallo Frau Haßelmann,

denken Sie, dass das Demokratieverständnis der Regierungsvertreter dieses Landes einmal soweit reichen wird, dass über eine freiwillige Mitgliedschaft in der IHK nachgedacht werden kann?

Ich frage deshalb, da gut 90 Prozent der heutigen Mitglieder ein Zwangssystem dieser Art grundsätzlich ablehnen, dieser Umstand aber regelmässig ignoriert wird.

Beste Grüsse
Chris Menne

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Menne,

mit der Pflichtmitgliedschaft in der IHK sprechen Sie ein wichtiges Thema an, das nicht nur Bündnis 90/Die Grünen beschäftigt. Wir sehen im Wesentlichen drei Kritikpunkte an der Pflichtmitgliedschaft in Wirtschafts- und Handwerkskammern:

1. Viele Firmen wollen sich nicht dauerhaft an einen Verein bzw. eine Organisation binden. Sie wollen keine monatlichen Festbeträge, sondern nur die jeweiligen Dienstleistungen zahlen.
2. Da die Kammern zwischen staatlichen und unternehmerischen Interessen abwägen und oft nur für die Wirtschaft insgesamt sprechen, fühlen sich Mitgliedsunternehmen und insbesondere kleine Firmen nicht ausreichend vertreten.
3. Die Kammern sind sehr ineffizient und intransparent. Gerade die Kostenstruktur ist für die meisten nicht nachvollziehbar. Die Unzufriedenheit einiger Mitgliedsunternehmen führt zu schlechter Wahlbeteiligung, was wiederum die demokratische Legitimation vieler Gremien in Frage stellt.

Die Kammern erfüllen aber dennoch wichtige hoheitliche Aufgaben. Sie stehen ihren Mitgliedern während des gesamten Lebenszyklus der Firma zur Seite, von der Gründung und der Unternehmenssicherung bis hin zur Unternehmensnachfolge. Insbesondere die Entwicklung von Aus- und Weiterbildungsprofilen, aber auch die Organisation und Durchführung der dazugehörenden Prüfungen sind zentrale Aufgaben der Kammern.
Dies sind alles notwendige Aufgaben, die erledigt werden müssen. Fallen sie nun in die Zuständigkeit des Staates, so hat dieser neben seiner Rechtsaufsicht dann auch die Fachaufsicht. Es stellt sich dann auch die Frage nach dem finanziellen und bürokratischen Aufwand für die Unternehmen, insbesondere für die Ausbildungsbetriebe.

Unbestritten ist, dass die Kammern umdenken und sich von innen reformieren müssen. Dazu gehören eine Überarbeitung der Beitrags- und Kostenstruktur (kleinere Betriebe sollten dauerhaft beitragsfrei gestellt werden) und eine Stärkung der Mitwirkungsrechte der einzelnen Kammermitglieder. Die Kammern müssen zudem unbürokratischer und transparenter werden.

Mit freundlichen Grüßen,
Britta Haßelmann

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