Frage an Dietmar Bartsch bezüglich Senioren

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Dietmar Bartsch
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Frage von Regina F. •

Frage an Dietmar Bartsch von Regina F. bezüglich Senioren

Welche Meinung haben Sie zum Thema Rentenbesteuerung?

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Sehr geehrte Frau F.,

vielen Dank für Ihre Frage. Seit 2005 erfolgt bei der Besteuerung von Rentenbeiträgen und -bezügen der Übergang zur sogenannten nachgelagerten Besteuerung. Gemeint ist damit, dass zukünftig im Regelfall die Rentenbeiträge bis zu einem Höchstbetrag nicht besteuert werden, während die späteren Rentenbezüge der regulären Einkommensteuer unterliegen.
Der Höchstbetrag betrug im Jahr 2016 22.767 Euro bei Einzelveranlagung bzw. 45.534 Euro € im Splittingverfahren. Diese Obergrenze ist mit den Beiträgen zur normalen GRV alleine nicht zu erreichen; sie betrifft daher nur Besserverdienende mit hoher separater Altersvorsorge. Da die nachgelagerte Besteuerung einen Systemwechsel bedeutet, wird sie nur schrittweise über einen relativ langen Zeitraum umgesetzt: so erfolgt die volle Steuerbefreiung der Rentenbeiträge erst ab dem Jahr 2025. Umgekehrt erfolgt eine volle Besteuerung der Renten erst ab dem Neurentnerjahrgang 2040. In der Zwischenzeit werden nur Teile der Rentenbeiträge von der Steuer befreit bzw. nur Teile der Rentenbezüge der Steuer unterworfen, wobei diese Anteile von Jahr zu Jahr wachsen.

Dieser Übergang ist notwendig, weil früher Renten nur teilweise besteuert wurden (Pensionen allerdings zu 100 %) und zudem Rentenbeiträge auch nur teilweise steuerbefreit waren. Ein abrupter Wechsel hätte gravierende Ungerechtigkeiten sowie erhebliche Steuerausfälle bewirkt. Im Übrigen ist der Übergang zur nachgelagerten Besteuerung auch das Resultat eines Bundesverfassungsgerichtsurteils aus dem Jahr 2002, bei dem insbesondere die unterschiedliche steuerliche Behandlung von Pensionen und Renten als verfassungswidrig beurteilt wurde.
Allerdings ist es genau dieser Übergang, der die Rentenbesteuerung so kompliziert macht. Beispielsweise gilt für die RentenbezieherInnen, dass ihr steuerfreier Teil mit dem Beginn der Rentenzahlungen festgelegt wird. Er bleibt dann für den Rest ihres Lebens in der absoluten Höhe unverändert, wodurch etwaige Rentenerhöhungen komplett der Steuerpflicht unterliegen.

Trotzdem dürfte der überwiegende Teil der bereits rentenbeziehenden RentnerInnen keine Steuern auf ihre Rente zahlen. Beispiele: beziehen RentnerInnen seit 2006 oder früher eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und verfügen sie über keine anderen steuerpflichtigen Einkünfte, dann führt eine Rente von bis zu ca. 19.000 € im Jahr (der genaue Betrag hängt von individuellen Verhältnissen ab) zu keiner Steuerzahlung (38.000 € bei Verheirateten). In aller Regel gilt, dass wer nur eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht und keine weiteren Einkünfte hat, auch künftig keine Steuern zahlen muss.
Betroffen von der Besteuerung sind vor allem Rentnerhaushalte mit erheblichen zusätzlichen Einkünften. Das sind z.B. Ehepaare, von denen ein Partner noch arbeitet, und RentnerInnen, die beträchtliche Einnahmen etwa aus Wohnungsvermietungen erzielen.

DIE LINKE ist aus Gerechtigkeitsgründen grundsätzlich für die nachgelagerte Besteuerung. Wir halten die Steuerbefreiung für Rentenbeiträge in einem gewissen Umfang für geboten, da das dafür verwendete Einkommen nicht für die freie Verwendung zur Verfügung steht und somit die individuelle Leistungsfähigkeit nicht erhöht. Umgekehrt gilt bei Rentenbezug, dass hohe Renten auch eine hohe wirtschaftliche Leistungsfähigkeit beinhalten und dementsprechend wie alle anderen Einkünfte und Bezüge besteuert werden sollten.
Durch unser Steuerkonzept (u.a. mit einem Grundfreibetrag in Höhe von mindestens 9.300 Euro) erreichen wir dabei, dass die BezieherInnen von niedrigen Renten und Löhnen keine Steuern zahlen müssten. Vorrangig streben wir allerdings an, dass Niedrigrenten und -löhne der Vergangenheit angehören sollen, indem die Mindestlöhne und –renten angehoben werden.

Freundliche Grüße
Dr. Dietmar Bartsch

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