Nach den zwei Weltkriegen würde ich wünschen, Deutschland wäre ein neutraler Staat, seiner Geschichte geschuldet. Friedenstiftende Verhandlungen ständen uns gut zu Gesicht. Wie stehen Sie dazu?

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Fabio De Masi
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Frage von Barbara D. •

Nach den zwei Weltkriegen würde ich wünschen, Deutschland wäre ein neutraler Staat, seiner Geschichte geschuldet. Friedenstiftende Verhandlungen ständen uns gut zu Gesicht. Wie stehen Sie dazu?

Den Krieg gegen die Ukraine verurteile ich. Die Ausweitung der NATO nach dem Mauerfall

musste Russland als bedrohlich wahrnehmen. Zur jüngsten Geschichte sollte Deutschland eine eigene, selbstbewusste Stellung beziehen, sich nicht einer fremden Meinung (z.B. USA) unterordnen.

Die Menschheit hat wahrlich dringendere Probleme zu lösen als sich auf Kriegsschauplätzen zu bekämpfen. Wir wollen Frieden !

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Antwort von
BSW

Sehr geehrte Frau Dr. B.,

ich halte in der Tat diplomatische Initiativen im Ukraine-Krieg für geboten. Die Voraussetzungen dafür haben sich über die Zeit eher verschlechtert, da die Strategie den Konflikt militärisch auszufechten, sich offenbar nicht zum Vorteil der Ukraine entwickelt. Insofern empfand ich es auch als fahrlässig, dass etwa die britische Regierung von der Fortsetzung der Verhandlungen in Istanbul im März 2022 (ein Monat nach Ausbruch des Krieges abgeraten haben soll).

https://www.welt.de/politik/ausland/plus251243756/Ukraine-und-Russland-Das-geheime-Dokument-das-den-Krieg-haette-beenden-koennen.html

 Der Krieg ist völkerrechtswidrig und Russland verübt dabei auch schwere Kriegsverbrechen. Dennoch hat der Konflikt eine komplexe Vorgeschichte, auf die ich unter anderem hier in meiner Antwort verwiesen habe

https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/fabio-de-masi/fragen-antworten/ist-putins-imperialistische-radikalisierung-nicht-eine-bessere-erklaerung-fuer-den-ukraine-krieg-als-die

Der wichtigste Sicherheitsberater von Barack Obama, Charles Kupchan, führte dazu aus (Quelle: https://www.ipg-journal.de/interviews/artikel/deutschland-wollte-der-geschichte-entfliehen-6039/):

"Ich war nie ein großer Fan der NATO-Erweiterung, weil ich glaubte, dass sie Europa neu spalten und eine Rivalität mit Russland auslösen würde. Ich bin ein Realist. Ich glaube, wenn man ein Militärbündnis bis an die Grenzen einer Großmacht heranführt, wird diese Großmacht das nicht gut finden. Die Entscheidung von 2008, Georgien und der Ukraine den Weg zur NATO-Mitgliedschaft zu ebnen, war mir besonders unangenehm."

Beste Grüße

Fabio De Masi