Frage an Kirsten Kappert-Gonther bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Kirsten Kappert-Gonther
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Renate N. •

Frage an Kirsten Kappert-Gonther von Renate N. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Dr. Kappert-Gonther,

am 5.5.2017 hielt Ex-Senator Loske ein interessantes Referat auf dem GRÜNEN Zukunftskongress. Ausgehend vom großen Nein zur Hollerlandbebauung und zur Mozarttrasse fragt er, wie Bremen heute aussähe ohne dieses Nein. Er verweist darauf, dass mit der gleichen Logik für diese Planungen heute kein Problem darin gesehen wird, eine Autotrasse durch die Wolfskuhle geplant wird.
Sie gehören seit langem der Bremischen Bürgerschaft an, ich arbeite mit vielen Anderen seit mehr als 10 Jahren für eine menschengerechte A281. Ich frage mich, wie es dazu kommen konnte, dass der jetzige Bausenator eine oberirdische Trassenführung für die B6n durch die Wolfskuhlensiedlung dem Bundesverkehrsministerium einreichen konnte. Seine Begründung im Parlament lautete: "Wenn wir das nicht gemacht hätten, gäbe es gar keine B6n". Das genau wäre aber die Konsequenz aus den Abstimmungen dazu in der Bremischen Bürgerschaft. Vermisst habe ich bei dieser Begründung einen Aufschrei -insbesondere der GRÜNEN Parlamentarier. Statt dessen gibt es weitere Abstimmungen, die womöglich genaus folgenlos bleiben.
Ihr Parlamentskollege M. Güldner hat schon vor unserem Sieg in Leipzig gesagt, dass unsere Argumente aalle richtig und gut sind, aber es den GRÜNEN am liebsten wäre, wenn wir vor Gericht siegen. Das haben wir geschafft und stehen den weiteren politischen Beschlüssen wieder genauso fragend gegenüber.
Weshalb sollte ich Sie wählen, wenn ich diese geschilderte Politik in Bremen schon nicht verstehen kann? Bisher war mir GRÜN wichtig, weil ich eine ökologische Wende möchte.

Mit frdl. Gruß
R. N. (wohnhaft in der Wolfskuhle)

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Neumann-Breeger,

vielen Dank für Ihre Frage. Zunächst zu der von Ihnen erwähnten Bundesstraße 6 neu (B6n), die zurzeit in Planung ist. Der Senator für Umwelt, Bau und Verkehr hat zwei Varianten für den Bundesverkehrswegeplan (BVWP) angemeldet: die Tunnellösung und die Umfahrung. Der Senat hat dabei deutlich gemacht, dass die bremische Vorzugsvariante die Tunnellösung ist, wie auch mehrfach von der Bürgerschaft beschlossen. Der Bund bzw. das Bundesverkehrsministerium hat darauf bestanden, dass auch seine präferierte Lösung angemeldet wird, also die Umfahrung. Dieser Vorgabe des Bundes als Eigentümer und Finanzier der Autobahn musste der Senat folgen. Auch in der Stellungnahme zum BVWP-Entwurf hat der Senat nochmals auf die Vorzugsvariante hingewiesen und deutlich gemacht, dass die Variante des Bundes im BVWP nicht der Beschlusslage in Bremen entspricht. Kurzum: Bürgerschaft, Senat und Verkehrsressort haben sich vielfach klar positioniert und für die bremische Vorzugsvariante ausgesprochen. Das von der CDU/CSU-geführte Verkehrsministerium hat bisher eine andere Haltung. Darüber wird weiter verhandelt. Unter Rot-Grün wird es keine andere Variante geben als die Tunnellösung.

Nun möchte ich aber gerne auf Ihre Frage zurückkommen und beantworten, weshalb Sie als Person, die augenscheinlich an dem Erhalt unserer Umwelt interessiert ist, am 24. September Grün wählen sollten. Was uns Grüne von anderen Parteien unterscheidet, ist vor allem Folgendes: wir stellen den Erhalt unserer Lebensgrundlage in das Zentrum unserer Politik. Angela Merkel und Martin Schulz halten an der klimaschädlichen Kohle fest. Landwirtschaft und Verkehr stoßen immer mehr Treibhausgase aus, die energetische Modernisierung von Gebäuden kommt nicht voran. Unser übergeordnetes Ziel ist es, eine lebenswerte Welt auch für unsere Kinder und die kommenden Generationen zu erhalten. Wir haben hierzu eine Reihe konkreter Vorhaben formuliert, mittels derer die von Ihnen angesprochene ökologische Wende herbeigeführt werden soll.
Wir wollen, dass Deutschland seine Klimaschutzziele einhält ohne Wenn und Aber. Bis zum Jahr 2050 wird die Energieversorgung auch für Wärme, Mobilität und Industrie ausschließlich aus Erneuerbaren Energien erfolgen. Wir beschleunigen die Energiewende, schaffen die Deckelung für den Ausbau der Erneuerbaren Energien ab und achten dabei auf einen fairen Übergang. Wir führen einen nationalen Mindestpreis für Klimaverschmutzung ein. Die Stromsteuer schaffen wir ab und führen im Gegenzug eine aufkommensneutrale CO2-Bepreisung ein. Wir steigen so aus der klimafeindlichen Kohle aus, dass wir die Klimaschutzziele und unser Ziel 100% Erneuerbare Energie im Strombereich bis 2030 einhalten. Die 20 schmutzigsten Kohlekraftwerke schalten wir sofort ab, damit Deutschland das Klimaschutzziel 2020 noch erreichen kann.

Mit uns wird Deutschland auf eine nachhaltige Landwirtschaft umsteigen ohne Ackergifte und Gentechnik. Die industrielle Massentierhaltung schaffen wir über die nächsten zwanzig Jahre ab. Wir setzen Tierschutzstandards per Gesetz durch, die an den Bedürfnissen der Tiere orientiert sind, die Qualzucht und quälerische Massentierhaltung beenden. Und wir führen eine Haltungskennzeichnung für alle Tierprodukte ein im ersten Schritt für Fleisch. Wir schichten die europäischen Steuermilliarden so um, dass Umweltschutz und Tierwohl zu neuen Einkommensmöglichkeiten für Landwirte werden, denn die neue Landwirtschaft gibt es nur mit den Bäuerinnen und Bauern.

Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Kirsten Kappert-Gonther
Christoph Wieboldt
Green Associate

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