Frage an Lothar Binding bezüglich Wirtschaft

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Lothar Binding
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Frage von Torsten G. •

Frage an Lothar Binding von Torsten G. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Bindig,

die Automobilindustrie nimmt gerne für sich in Anspruch, die Ikone der deutschen Industrie zu sein. In Summe hinge jeder 7. Arbeitsplatz in Deutschland direkt oder indirekt vom Automobil ab.

Ein Artikel auf http://www.cashkurs.com/index.php?id=80&tx_t3blog_pi1[daxBlogList][showUid]=12930&tx_t3blog_pi1[daxBlogList][year]=2012&tx_t3blog_pi1[daxBlogList][month]=11&tx_t3blog_pi1[daxBlogList][day]=01&cHash=67063e5bff beschreibt die ehe düsteren Aussichten dieser Industrie:
+ nachhaltig sinkende Bedarfe
+ nachhaltig vorhandene Überkapazitäten der PKW-Hersteller
+ enorme Subventionen der Branche
Einzig General Motors hat entsprechend ökonomisch sinnvoll reagiert und ein ganzes Werk in Belgien geschlossen. Dieses Werk hatte eine Kapazität von 355.000 Autos (= Zahl aller jährlichen Neuzulassungen in Österreich).

Wie sind die Planungen der SPD, mittelfristig und langfristig mit diesem Problem unzugehen? Den Beschäftigten der Autobauer müssen andere Jobs zugänglich gemacht werden!

Mit freundlichen Grüßen

Torsten Gerdes

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SPD

Sehr geehrter Herr Gerdes,

vielen Dank für Ihre Frage zur Zukunft der Automobilindustrie. Sie haben es vielleicht der Presse entnommen, vor wenigen Tagen haben belgische Arbeiter sehr wütend in Köln gegen die Schließung des Ford-Werks im belgischen Genk protestiert. Vor einiger Zeit haben wir über die Opel-Rettung und die Zukunft des Automobilzulieferer Schaeffler diskutiert, um nur zwei weitere prominente Beispiele zu nennen, die Ihre Befürchtungen unterstreichen. Bei der Automobilproduktion - nicht nur in Deutschland, sondern international, scheint das Überangebot an Fahrzeugen groß zu sein. In der Presse ist von wahren „Rabattschlachten“ der Neuwagenangebote zu lesen. Die Folge könnte ein Bereinigungsprozess sein.
Nach Angaben der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) gehört Deutschland zu den wenigen Ländern, in denen die nicht-konjunkturbedingte Arbeitslosenquote zwischen dem vierten Quartal 2007 und dem vierten Quartal 2011 zurückgegangen ist (OECD, 2012). Die Konjunkturprogramme I und II, die Peer Steinbrück, Olaf Scholz und weitere maßgeblich in der großen Koalition mit ausgestaltet haben, entfachen ihre gute Wirkung. Ich erinnere an die Umweltprämie, umgangssprachlich auch als Abwrackprämie bezeichnet, an die Verlängerung der Kurzarbeiterregelung und einiges mehr. Der deutschen Autoindustrie konnte übergangsweise geholfen werden.
Ich stimme Ihnen zu, Deutschland ist als Exportnation auf die Wirtschaftsstärke anderer Staaten angewiesen. Dabei ist die wirtschaftliche Lage Europas der größte Risikofaktor: 60 Prozent unserer Ausfuhren gehen nach Europa, nur sechs Prozent nach China. Deutschland kann es nur gut gehen, wenn es den Ländern der europäischen Union auch gut geht. Umso wichtiger ist es, die Zeichen der Zeit frühzeitig zu erkennen und auf Zukunftstechnologien zu setzen, neue Märkte zu erschließen und Ressourcen effizient einzusetzen. Deshalb brauchen wir einen ökologischen Umbau der Industriegesellschaft. Dazu gehört für uns die konsequente Fortsetzung des Ausbaus der erneuerbaren Energien. Ihnen gehört im Energiemix die Zukunft. Dazu gehört ein nationaler Aktionsplan Erneuerbare Energien, der zur Beschleunigung des Ausbaus Erneuerbarer Energien in der Stromversorgung, im Wärmebereich und im Transportsektor beitragen wird. Dazu gehört auch die Modernisierung der Energie-, Verkehrs- und Kommunikationsinfrastruktur, um nur einige Bereiche mit großem Potential zu nennen.
Weiterführende Überlegungen der SPD-Bundestagsfraktion finden Sie in einem Positionspapier mit dem Titel „Sozialdemokratische Industriepolitik – Impulse für den Standort Deutschland“, das im Internet unter http://www.spdfraktion.de/sites/default/files/120227wegewerk_spd_broschuere_industriepolitik.pdf zu finden ist.
Zu alldem gehört zwangsläufig auch ein finanziell handlungsfähiger Staat, der die notwendigen Mittel bereit stellen kann, damit Investitionen beispielsweise in Forschung und Bildung getätigt werden können. Dazu gehören – neben der Einführung eines allgemeinen, flächendeckenden Mindestlohns – auch begrenzte, maßvolle und gerechtigkeitsorientierte Steuererhöhungen. Eine Anhebung des Spitzensteuersatzes in der Einkommensteuer auf 49 % für Alleinstehende/Verheiratete mit einem zu versteuernden Einkommen über 100.000/200.000 Euro; die Stärkung der Gewerbesteuer; eine umsichtige Weiterentwicklung der Erbschaftsteuer… sollten wir dabei nicht isoliert betrachten. Mehr zu meinen steuerpolitischen Überlegungen finden Sie auf meiner Internetseite http://www.lothar-binding.de/.

In der Hoffnung, Ihre Frage konstruktiv aufgegriffen zu haben, verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen

Lothar Binding