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Warum haben sie bei der Verkürzung der Visa Verfahren für die Ortskräfte aus Afghanistan dagegen gestimmt?

Macit Karaahmetoglu
Macit Karaahmetoğlu
SPD
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Frage von Tobias B. •

Warum haben sie bei der Verkürzung der Visa Verfahren für die Ortskräfte aus Afghanistan dagegen gestimmt?

Macit Karaahmetoglu
Antwort von SPD

Sehr geehrter Herr B.,

vielen Dank für Ihre Frage.

Deutschland hat in den vergangenen Jahren bisher gut 20.000 Ortskräfte und etwa 16.000 bedrohte Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidiger, Journalistinnen und Journalisten aufgenommen – jeweils inklusive ihrer Familienangehörigen. 

Mit Stand 10. Oktober 2025 befinden sich noch insgesamt 1.901 afghanische Staatsangehörige mit Aufnahmezusage in Pakistan.  Von ihnen sind 219 Personen Ortskräfte oder Angehörige von Ortskräften, 60 Personen sind Teil der „Menschenrechtsliste“ 595 Personen haben eine Aufnahmezusage im Rahmen des „Überbrückungsprogramms“ und 1.027 im Rahmen des Bundesaufnahmeprogramms.

Sowohl unsere Kabinettsmitglieder als auch unsere Fraktion haben gegenüber BMI und AA wiederholt deutlich gemacht, dass alle Personen mit Aufnahmezusage auch tatsächlich von Deutschland aufgenommen werden müssen – und zwar unabhängig von der Zugehörigkeit zu einem der vier Programme. Das gebietet unsere Verantwortung für die bedrohten Menschen. Es ist auch Teil unseres Selbstverständnisses eines verlässlichen und verbindlichen Auftretens Deutschlands als internationaler Akteur. 

Das Bundesinnenministerium hat inzwischen bestätigt, dass Personen, die eine rechtsgültige Aufnahmezusage haben – nach Abschluss eines Sicherheitsinterviews – nach Deutschland kommen können. Gestützt auf die Urteile des OVG Berlin zählt das BMI allerdings nur Begünstigte des Bundesaufnahmeprogramms zu dieser Gruppe, da nur diese Personen eine Aufnahmezusage nach § 23 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz besitzen. Für diese Gruppe plant die Bundesregierung bis zum Jahresende die Einreise nach Deutschland. Am 2.12. landete erstmals seit dem Regierungswechsel ein Charterflug in Erfurt – 192 Menschen konnten nun endlich die lange zugesagte Aufnahme erreichen. Bereits zuvor war die Einreise  über Linienflüge wieder aufgenommen worden. 186 gefährdete Afghan:innen sind seit dem Amtsantritt der schwarz-rote Koalition mit verschiedenen Flügen bereits in Deutschland angekommen. Sie alle sind in Sicherheit. 

Alle anderen afghanischen Staatsbürger:innen in Pakistan besitzen jedoch Aufnahmezusagen nach § 22 Satz 2 Aufenthaltsgesetz, die die Gerichte bislang nicht eindeutig als Verwaltungsakt und somit rechtlich bindend anerkennen. Hierzu ist zurzeit eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht anhängig, die sich dieser Frage und insbesondere der des Vertrauensschutzes widmen wird. Verbunden mit der Verfassungsbeschwerde ist auch ein Eilantrag, daher wird eine Entscheidung zeitnah erwartet. 

Politisch konnte bisher nur für die Ortskräfte die Zusicherung des BMI erreicht werden, dass die in Aussicht gestellten Aufnahmen tatsächlich stattfinden. Allerdings ist das BMI dabei, für die übrigen Afghaninnen und Afghanen Lösungen zu finden, die nicht zwingend in einer Aufnahme in Deutschland liegen müssen. Das BMI hat bereits Unterstützungsoptionen angeboten: Finanzielle Unterstützung ebenso wie Sachleistungen, Bereitstellung von Unterkunft, Verpflegung sowie medizinischer und psychosozialer Versorgung usw. bei Rückkehr nach Afghanistan oder Ausreise in einen anderen Drittstaat. Einige der Menschen haben bereits Aufnahme in Drittstaaten gefunden. Das BMI ist dabei, weitere Gespräche mit den Betroffenen über die verschiedenen Möglichkeiten zu führen.

Für die SPD-Bundestagsfraktion bleibt allerdings klar, dass das abgegebene Versprechen für die Gesamtgruppe der afghanischen Staatsbürger:innen mit Aufnahmezusage eingehalten werden muss. Wenn eine Aufnahme in Deutschland nicht möglich ist, muss zumindest eine sichere Lösung für die Betroffenen gefunden werden. Dafür setzen wir uns im Zusammenspiel mit unseren Kabinettsmitgliedern und der Parteispitze weiterhin ein. 

Die Abstimmung über die Aufnahme gefährdeter Afghaninnen und Afghanen war für mich und für uns keine einfache Entscheidung. Mit Blick auf die oben beschriebenen Fortschritte bei der Aufnahme und die Bemühungen der Bundesregierung, eine Lösung für alle Menschen in den Programmen zu finden, waren die Anträge von Bündnis90/Die Grünen allerdings in Teilen überholt.

Mit freundlichen Grüßen

Macit Karaahmetoglu, MdB

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