Frage an Markus Rinderspacher bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Markus Rinderspacher
Markus Rinderspacher
SPD
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Frage von Claus L. •

Frage an Markus Rinderspacher von Claus L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Abgeordneter Rinderspacher,

Ihre Partei hat eine weitere Wählergruppe an die CDU/CSU verloren https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/dr-florian-herrmann/question/2018-09-29/304427 . Der Eindruck den Ihre Partei bei den Bürgern erweckt, bildet sich auch über bekannte Nachrichtenmagazine, die z.b. in der Headline davon berichten, wie ein Politiker eine Politikerin Ihrer Partei an die "Wand gedrückt" hat http://www.spiegel.de/plus/wie-sich-angela-merkel-und-andrea-nahles-von-horst-seehofer-an-die-wand-druecken-liessen-a-00000000-0002-0001-0000-000159547634 . Da entstehen Assoziationen, die nichts mit Politik und Arbeit zum Wohle und für den Bürger zu tun haben, eher mit speziellem "Privatvergnügen". Ein anderer Politiker Ihrer Partei prägt den Ausseneindruck durch Talkshowauftritte und Verlautbarungen wie "...ein Trauerspiel, dass so viele Menschen nicht in den Genuss eines Spenderorgans kommen.“ https://www.welt.de/wirtschaft/article181410776/Organspende-Was-die-Widerspruchsloesung-gefaehrden-koennte.html . Eine lebensgefährliche Operation todkranker Menschen mit so oder so (leider) schlechter Zukunftsperspektive und die Zerteilung eines lebenden menschlichen Körpers, euphemistisch verbrämt als Gehirntoter und Organspender, wird im Zusammenhang mit "Genuss" medial verbreitet, als handle es sich, nach meiner Assoziation, um ein Essen in einem 5 Sterne Restaurant! Die Mehrzahl der Bürger (ca. 2/3 nach meiner Kenntnis) will trotz, oder gerade wegen größtmöglicher Aufklärung keinen Organspendeausweis ausfüllen.
Deswegen will dieser Politiker Ihrer Partei nun jeden Bürger zwangsweise zum "Organspender" per Gesetz machen. Kein Mensch kann bewußtlos widersprechen, egal was er wo vorher verlautbart hat und genau auf diese Situation kommt es im Fall des Falles schlußendlich aber an. Menschen fühlen sich als Objekt der Verwertung, ausgeliefert und wehrlos.

Welchen Einfluss werden diese Eindrücke und deren Wirkungen bei den Wählern auf Ihr Wahlergebnis haben?

Markus Rinderspacher
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr L.,

Sie kritisieren in Ihrer Frage insbesondere die aktuelle öffentliche Debatte über die sogenannte Widerspruchslösung bei der Organspende. Dies ist für mich keine parteipolitische Frage. Daher begrüße ich es, wenn über die ethische und sehr persönliche Frage von Organspenden im Bundestag nicht die Fraktionsdisziplin, sondern das Gewissen der Abgeordneten entscheiden soll.

Es geht um die Frage: Muss man einer Organspende aktiv zustimmen oder ihr aktiv widersprechen? Wie die Organspende geregelt ist, darüber gibt es in Europa und weltweit unterschiedliche Regelungen, wann und unter welchen Umständen die Organe einer verstorbenen Person entnommen werden dürfen.

Gegenwärtig gilt in Deutschland die sogenannte Entscheidungslösung. Dabei gilt, dass eine Organentnahme nur zulässig ist, wenn eine Zustimmung vorliegt.

Dem gegenüber steht in der Diskussion die sogenannte Widerspruchslösung. Hat die verstorbene Person einer Organspende zu Lebzeiten nicht ausdrücklich widersprochen, zum Beispiel in einem Widerspruchsregister, können Organe zur Transplantation entnommen werden. Die Widerspruchslösung ist gesetzlich geregelt in Bulgarien, Frankreich, Irland, Italien, Lettland, Liechtenstein, Luxemburg, Österreich, Polen, Portugal, der Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, der Türkei, Ungarn und Zypern.

In einigen Ländern haben die Angehörigen das Recht einer Organentnahme bei der verstorbenen Person zu widersprechen, wenn keine Entscheidung der verstorbenen Person vorliegt. Die Widerspruchsregelung mit Einspruchsrecht der Angehörigen existiert in Belgien, Estland, Finnland, Litauen und Norwegen.

Ohne dass ich meine persönliche Meinungsbildung bereits abgeschlossen hätte, so stehe ich der Widerspruchslösung offen gegenüber. Mit der Widerspruchslösung hätten Bürger oder ihre Angehörigen weiterhin die Möglichkeit, eine Organentnahme abzulehnen. Durch die Regelung könnten aber auch diejenigen zum Spender werden, die einer Organspende positiv gegenüberstehen, ihren Willen darüber aber nicht festgehalten haben.

Mit freundlichen Grüßen

Markus Rinderspacher

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