Europas pragmatische Reaktion auf die Lage im Iran?

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Mathias Stein
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Frage von Parinaz M. •

Europas pragmatische Reaktion auf die Lage im Iran?

Sehr geehrter Herr Stein,
ich hätte folgende Fragen:
- Warum die Politikerinnen aus einem demokratisch-freiheitlichen Land bei Treffen mit den Mullahs und ihren Schergen (ähnlich übrigens wie mit den Taliban) Kopftücher tragen?
- Werden die Sanktionen sich auf die Rechte und ausländischen Konten der Mullahs richten, die ungeachtet der Sanktionen offenbar keine Schwierigkeiten haben, Kapital im Ausland zu sammeln und zu generieren?
Mit freundlichen Grüßen
Parinaz M.

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau M.,

vielen Dank für Ihre Fragen, die ich als SPD-Bundestagsabgeordneter des Wahlkreises Kiel, Altenholz und Kronshagen gern beantworte.

Zunächst einmal möchte ich betonen, dass meine Kolleg*innen der SPD-Bundestagsfraktion und ich solidarisch an der Seite der Frauen und aller Demonstrierenden in Iran stehen, die für ihre Rechte und Freiheit auf die Straße gehen und dabei das Risiko eingehen, verhaftet, verletzt oder getötet zu werden. Das Vorgehen der iranischen Behörden ist inakzeptabel. Es ist deshalb richtig, dass die Bundesregierung die iranische Regierung aufgefordert hat, keine weitere Gewalt gegen die Demonstrierenden anzuwenden und das Recht auf Versammlungsfreiheit nicht weiter einzuschränken.

Und die Bundesregierung kann und muss noch mehr tun. So wird Deutschland dafür sorgen, dass die Vorfälle im UN-Menschenrechtsrat vorgebracht werden. Die Bundesregierung setzt sich außerdem auf europäischer Ebene dafür ein, dass persönliche Sanktionen gegen die Verantwortlichen der Unterdrückung im Iran von der EU verhängt werden. Dabei geht es u.a. um die Einschränkung bei der Visavergabe für Verantwortliche des Regimes. Welche Sanktionen konkret gegen welche Personen und Institutionen beschlossen werden, lässt sich allerdings zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen, da diese am 17. Oktober vom EU-Außenministerrat beraten werden. Ich hoffe dabei auf ein Ergebnis, das eine klare Sprache der Unterstützung für die Demonstrierenden in Iran spricht.

Was Ihre Frage bezüglich der Kopfbedeckung bei diplomatischen Gesprächen angeht: In der Diplomatie, der außenpolitischen Interessenvertretung eines Staates, ist es notwendig und wichtig, auch mit Vertreter*innen von Staaten Kontakte zu pflegen, deren gesellschaftliche, kulturelle oder religiöse Positionen man nicht teilt. Um diese notwendigen, diplomatischen Gespräche zu ermöglichen, entscheiden sich einige Politikerinnen dazu, zumindest im Gastland den dortigen Gepflogenheiten in puncto Kopfbedeckung zu entsprechen, wie auch wir dies umgekehrt von unseren politischen Gästen erwarten. Den Anforderungen des Gastgebers auf der formalen Ebene nicht zu entsprechen, birgt immer die Gefahr, dass gar kein Gespräch zu Stande kommt und inhaltliche Aspekte zwischen den Staaten überhaupt nicht diskutiert werden können. In den vergangenen Jahren gab es aber auch Politikerinnen, die sich grundsätzlich geweigert haben, ein Kopftuch zu tragen. Bekannt ist dies zum Beispiel von Ursula von der Leyen sowie von Angela Merkel. Ich persönlich würde mich freuen, wenn dies der normale neue Standard in diplomatischen Gesprächen werden könnte. Schließlich ist die freie Wahl der Kleidung ein Menschenrecht.

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